
Konflikt mit den USA Chinas Hebel im Zollstreit
Erhöhte Zölle ankündigen, dann doch verhandeln - und sich einigen? Auf diese Taktik setzen die USA auch gegenüber China. Doch die Volksrepublik hat schnell Gegenmaßnahmen ergriffen. Was könnte China noch einbringen?
Schaut man auf Satellitenbilder gängiger Kartenprogramme im Internet, kann man sie leicht erkennen: Riesige Gruben durchziehen manche Regionen Chinas, etwa in der Inneren Mongolei.
Dort ist die Mine Bayan Obo eines der weltweit größten Abbaugebiete für Seltene Erden. Diese Rohstoffe sind wichtig für viele Hightech-Industriezweige, von der Herstellung von Computerchips bis hin zu Elektromotoren, Batterien und Rotoren für Windräder, auch in der Rüstung werden sie eingesetzt.

Die Mine Bayan Obo ist eines der weltgrößten Abbaugebiete für Seltene Erden.
China baut etwa 70 Prozent dieser kritischen Rohstoffe weltweit ab. Ein noch größerer Teil der weiterverarbeiteten Grundprodukte, etwa Magneten aus Seltenen Erden, kommt ebenfalls aus dem kommunistisch regierten Land.
Die Produktion haben viele Industrieländer in der Vergangenheit China sehr gerne überlassen, denn es entstehen radioaktive Abfälle. In einigen Bereichen, wie bei schweren Seltenen Erden, hat China inzwischen ein Monopol.
Die Abhängigkeit bleibt
Das wird wohl vorerst so bleiben, auch wenn nicht zuletzt die USA versuchen, alternative Quellen zu erschließen - zu diesem Schluss kam jüngst eine Studie der Deutschen Rohstoffagentur. Auch Deutschland ist abhängig von China, rund zwei Drittel aller importierten Seltenen Erden im vergangenen Jahr stammten von dort.
An diesem Punkt hat China zuletzt im Handelsstreit mit den USA angesetzt: Die Führung in Peking hatte verschärfte Exportkontrollen erlassen und damit die Auslieferung bestimmter Seltene-Erden-Produkte zeitweise fast zum Erliegen gebracht.
Es sind die Bereiche der kritischen Rohstoffe und Technologien, auf denen die USA und China nun offenbar verstärkt den Handelskonflikt ausfechten, und das mit Folgen.
Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel hatte zuletzt berechnet, dass US-Produkte deutlich teurer werden, wenn Lieferungen aus China wegbrechen. Die Wirtschaftsleistung der USA, so das IfW, könne um 1,6 Prozent niedriger ausfallen, wenn der Handelskonflikt mit den hohen Zollsätzen auf beiden Seiten fortgesetzt werde. Auch China müsse mit deutlichen Einbußen rechnen.
Mit der Waffe Zollerhöhungen hatten sich beide Seiten am Ende wohl auch in ihrer eigenen Einschätzung so sehr selbst geschadet, dass es Mitte Mai recht schnell zu einer vorläufigen Einigung kam: Die zusätzlichen Zollsätze von weit über 100 Prozent wurden für 90 Tage auf zehn Prozent Zoll für die Einfuhr von US-Waren nach China - und 30 Prozent für die Einfuhr von chinesischen Waren in die USA gesenkt.
Die Händler atmen auf
In vielen Exportzentren Chinas herrscht deshalb erstmal Erleichterung. Händler im weltweit größten Großhandelsmarkt, in der südchinesischen Stadt Yiwu, berichten, dass es nun wieder deutlich mehr Bestellungen von Großkunden aus den USA gibt.
Viele wollen offenbar das Zeitfenster der Verhandlungen nutzen, bevor die Zölle am Ende möglicherweise doch wieder erhöht werden. Die Frachtraten für Container in die USA gehen wieder nach oben. Ein Indikator, dass der Handel zunimmt, nachdem er weitgehend zum Erliegen kam.
Ja, die Einigung auf die Zollerleichterungen sei gut, sagt Lou Xiaobo, der Halloween-Masken und -Dekoration vertreibt. "Aber wirklich glücklich bin ich nicht. Unsere Saison für den Verkauf von Halloween-Artikeln geht nur über ein halbes Jahr. Wegen des Zollstreits fehlen mir bereits zwei Monate, in denen ich viel weniger verkauft habe. Das kann ich nicht mehr aufholen."
Sein Umsatz sei zuletzt um über die Hälfte eingebrochen, sagt er.
Auch wenn zuletzt vor allem in staatlich kontrollierten chinesischen Medien viele kämpferische Töne zu hören waren - der Handelskonflikt dürfte vielen Händlern Kopfschmerzen und Existenzsorgen bereitet haben.
Anfragen bei Händlern und Betreibern von Logistikzentren, die nicht genannt werden wollen, bestätigen das Bild. Denn die USA sind immer noch Chinas wichtigster Handelspartner, auch wenn China versucht, seine Waren verstärkt auf anderen Märkten an die Kunden zu bringen.
Druckmittel Halbleiter
Nun sind also erstmal Verhandlungen bis Mitte August angesetzt. Wo die USA einen Hebel ansetzen können, um China zu Zugeständnissen zu bewegen, hat sich in diesen Tagen gezeigt.
Streit gibt es über neue US-Regularien zu Hochtechnologie-Chips. Die USA versuchen China schon lange von den neusten Halbleitern abzuschneiden, um etwa die Entwicklung von Programmen zur Künstlichen Intelligenz in China zu verlangsamen. Es geht darum, wer in diesem Technologiefeld künftig führend ist.
Die Trump-Regierung hatte zwar ein verschärftes Verbot für US-Lieferungen bestimmter Hochtechnologie-Chips zurückgenommen.
Dafür nimmt sie nun die Vermarktung chinesischer Halbleiter ins Visier und droht Unternehmen mit Sanktionen, die Hochleistungs-Chips des chinesischen Herstellers Huawei verwenden. Das seien "inakzeptable Schikanen", so der Aufschrei aus dem chinesischen Handelsministerium.
Doch mehr Engagement für Frieden in der Ukraine?
Peking hingegen könnte seinen Einfluss auf Russland in die Waagschale werfen. Zumindest deutet das Wang Huiyao an, Gründer des Thinktanks "Center for China and Globalisation", der einen guten Draht in den Führungszirkel der kommunistischen Partei Chinas hat.
"US-Präsident Trump ist derzeit sehr interessiert, eine Friedenslösung mit Russland und der Ukraine zu finden", sagt er, "China könnte dabei helfen".
Pekings Einfluss auf Russland ist durch die westlichen Sanktionen wegen Putins Angriff auf die Ukraine immer größer geworden. Denn China ist nun einer der wichtigsten Kunden im Öl- und Gasgeschäft und liefert Güter, mit denen auch russische Waffen produziert werden, die den Krieg am Laufen halten.
Sollte sich Chinas Führung entscheiden, in der Unterstützung nachzulassen, würde das Russland unter Druck setzen.
Wang Huiyao spricht lieber davon, dass sich China als Vermittler einsetzen könnte. "Wenn China und die USA bei einer Friedenslösung zusammenarbeiten, dann gibt es sicher auch Raum für Kompromisse, um den Handelskonflikt beizulegen." China hat jedenfalls ein Interesse daran.