
Mediziner Baulieu Erfinder der Abtreibungspille gestorben
Seine bekannteste Entdeckung sorgte für heftige Debatten - und hat das Leben von Millionen Frauen beeinflusst. Nun ist der Erfinder des medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs, Baulieu, im Alter von 98 Jahren gestorben.
Der Erfinder des medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs ist tot: Der französische Mediziner und Forscher Étienne-Émile Baulieu starb im Alter von 98 Jahren in seinem Wohnsitz in Paris, wie seine Ehefrau Simone Harari Baulieu der Nachrichtenagentur AFP mitteilte. Baulieu erlangte vor allem für seine Arbeit an Steroidhormonen und die Erfindung der Abtreibungspille RU 486 weltweite Berühmtheit.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron würdigte Baulieu als einen "Geist des Fortschritts, der Frauen ermöglichte, ihre Freiheit zu gewinnen". Frankreich verliere mit ihm auch einen Mutmacher.
Frankreichs Gleichstellungsministerin Aurore Bergé schreibe im Onlinedienst X: "Étienne-Emile Baulieu wurde sein ganzes Leben lang von einem Anspruch geleitet: dem der Menschenwürde."
Seine Erfindung wurde 1989 zugelassen
Baulieu wurde am 12. Dezember 1926 in Straßburg als Sohn jüdischer Eltern geboren. Als Jugendlicher engagierte er sich im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Später gründete er als Doktor der Medizin, Doktor der Naturwissenschaften und Endokrinologe im Jahr 1963 die Forschungsabteilung 33 am Institut national de la santé et de la recherche médicale (Inserm), die sich ganz der Erforschung von Hormonen verschrieb. Baulieu leitete die Abteilung bis 1997 und arbeitete dort bis zu seinem Tod.
1982 entwickelte er die Abtreibungspille RU 486. Die Pille blockiert das für die Schwangerschaft notwendige Hormon Progesteron, mit dessen Hilfe sich das befruchtete Ei in der Gebärmutter einnistet. So wird die Schleimhaut abgebaut und mit ihr auch der Embryo ausgestoßen.
1989 wurde das Medikament in Frankreich trotz Kritik aus Politik und der Kirche zugelassen. Das Präparat sorgte für heftige Diskussionen. Während Befürworter in ihm eine sichere und günstige Alternative zu operativen Schwangerschaftsabbrüchen sehen, schimpfen Kritiker die Erfindung als "Todespille". In Deutschland kam das Medikament erst 1999 auf den Markt.
Behandlung von Depressionen entwickelt
Baulieus Forschungen an dem Steroidhormon DHEA, dessen alterungshemmende Wirkung er entdeckt hatte, führten ihn zur Arbeit mit Neurosteroiden, also Steroiden des Nervensystems. Er entwickelte auch eine Behandlung zur Bekämpfung von Depressionen, die derzeit in mehreren Universitätskliniken klinisch getestet wird. 2008 gründete er das Institut Baulieu, das sich der Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer widmet.
Baulieu wurde mit dem Lasker-Preis, der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung der USA, geehrt. Er war in zweiter Ehe mit Simone Harari verheiratet und Witwer von Yolande Compagnon. Er hinterlässt drei Kinder, acht Enkelkinder und neun Urenkel.