
SPD-Außenpolitiker Kritik an Stegners Treffen mit russischen Vertretern
Der SPD-Abgeordnete Stegner steht wegen seiner Reise zu russischen Vertretern nach Baku massiv in der Kritik. Grünen-Chefin Brantner spricht von einer "Schattendiplomatie" und fordert Aufklärung. Stegner selbst rechtfertigt das Treffen.
Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner hat ein Treffen mit führenden politischen Vertretern Russlands in Aserbaidschan verteidigt. Auch in schwierigen Zeiten sollten Gesprächskontakte "nach Russland aufrechterhalten werden", teilte Stegner in einer Erklärung laut der Süddeutschen Zeitung mit.
Das Treffen in Aserbaidschan im April, an dem auch der frühere russische Ministerpräsident Viktor Subkow teilgenommen haben soll, stieß bei Grünen, FDP und auch in der SPD auf Kritik. Über die Zusammenkunft am 14. April hatten zunächst das ARD-Politikmagazin Kontraste und die Wochenzeitung Zeit berichtet.
Auch CDU-Politiker nahmen an Treffen teil
Thema war demnach offenbar die Zukunft des "Petersburger Dialogs", eines Gesprächsforums, das der frühere Kanzler Gerhard Schröder (SPD) 2001 gemeinsam mit Russlands Präsident Wladimir Putin ins Leben gerufen hatte. Das Gesprächsforum war nach dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aufgelöst worden.
Neben Stegner nahmen an dem Treffen in Baku den Angaben zufolge unter anderem der ehemaliger Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) und der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) teil. Die nun veröffentlichte Erklärung wurde laut Süddeutscher Zeitung von allen Beteiligten mitgetragen.
Verantwortliche sollen Kenntnis gehabt haben
"Diese Gespräche können einen Beitrag dazu leisten, wechselseitig nützliche Kenntnisse und Einschätzungen über Verhältnisse, Haltungen und Entwicklungen zu befördern, die über das hinausgehen, was Presseberichterstattung oder Nachrichtendienste leisten", heißt es laut Süddeutscher Zeitung in der Erklärung.
Solche Gesprächskontakte seien naturgemäß vertraulich, "aber keine Geheimverhandlungen, für die keiner von uns ein Mandat hätte und in die Regierungsstellen in keiner Weise involviert sind".
Politisch Verantwortliche hätten aber Kenntnis von diesen Gesprächskontakten gehabt, hieß es weiter. Nach SZ-Angaben war auch der damalige Kanzler Olaf Scholz (SPD) über die Gesprächsbemühungen informiert.
Grünen-Vorsitzende Brantner: "Schattendiplomatie"
Die Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner kritisierte gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio das Treffen mit deutlichen Worten. "Während Friedrich Merz versucht, sich als großen Europäer zu geben und der neue Außenminister Wadephul in Kiew die deutsche Solidarität und Unterstützung für die Ukraine beteuert, scheinen Teile in Union und SPD ihre ganz eigene Schattendiplomatie zu betreiben", sagte Brantner.
Der Petersburger Dialog sei nach dem russischen Angriff auf die Ukraine "mit guten Gründen" eingestellt worden. "Dass nun scheinbar wieder Treffen mit Kreml-Vertretern stattfinden, zeigt, dass nicht alle die Lehren aus der Vergangenheit gezogen haben", sagte Brantner. "Der Bericht, dass mit Ralf Stegner ein Mitglied des sicherheitssensiblen Parlamentarischen Kontrollgremiums beteiligt gewesen sein soll, muss uns umso mehr beunruhigen."
Andere Parteien fordern Aufklärung
Brantner forderte von Union und SPD eine umgehende Aufklärung. "Merz und Klingbeil machen sich unglaubwürdig, sollten die Umstände dieses Treffen nicht umgehend aufgeklärt werden. Sie müssen die neu aufgeflammte Moskau-Connection einstampfen, bevor sie uns wieder in eine fatale Abhängigkeit von Russland führt."
Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags forderte von Stegner, er müsse die Umstände der Reise umgehend erklären. "Das ist ein völlig unmöglicher und irritierender Vorgang, der jetzt umgehend geklärt werden muss", sagte der grüne Abgeordnete Konstantin von Notz dem Spiegel.
Die FDP-Europapolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte noch weitergehende Konsequenzen. Stegner dürfe nicht erneut für eine Mitgliedschaft im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags, das für die Geheimdienstkontrolle zuständig ist, nominiert werden, sagte sie gegenüber dem ARD-Politikmagazin Kontraste. "Dass er an einem Treffen mit "kremlnahen Persönlichkeiten eines offiziell eingestellten Schröder-Putin-Gremiums in Baku teilgenommen hat, ist völlig inakzeptabel".
"Mindestens grob fahrlässig"
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, kritisierte, Stegner handele "mindestens grob fahrlässig". Der SPD-Politiker sitze seit vier Jahren im Parlamentarischen Kontrollgremium und werde regelmäßig von den deutschen Nachrichtendiensten über ihre Arbeit informiert.
"Durch seine Zugänge zu höchst sensiblen Informationen ist er offensichtlich für den Kreml von größtem Interesse", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Jemand, der durch sein Verhalten dazu beiträgt, darf diesem Gremium nicht weiter angehören."
"So schafft man keinen Frieden"
"Ein falsches Treffen zur falschen Zeit am falschen Ort", schrieb auch der frühere Vorsitzende des Außenausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), im Online-Dienst Bluesky. "Es widerspricht der Politik Deutschlands und Europas sowie sozialdemokratischen Überzeugungen. So schafft man keinen Frieden, sondern wertet die russischen Kriegstreiber auf."