
Ukraine-Gespräche Die Welt schaut auf Istanbul
Es hätte ein Anfang werden können: Um guten Willen gegenüber US-Präsident Trump zu demonstrieren, lud Putin die Ukraine ein, in Istanbul direkte Gespräche zu führen - aber kam dann gar nicht. Nun soll die zweite Reihe verhandeln.
Auf Russisch, Türkisch, Deutsch oder Englisch: Aufgereiht stehen die Medienvertreter aus der ganzen Welt vor den Kameras und berichten, dass die russische Delegation in Istanbul eingetroffen sei. Allerdings noch nicht am Verhandlungsort und auch die ukrainische Delegation ist zwar in der Türkei, aber in Ankara. Mehr als 400 Kilometer weiter im Osten.
Vergebliches Warten auf Putin, Trump, Selenskyj
Die Weltpresse berichtet: Hier im Dolmabahce-Palast sollen sich die Vertreter der Ukraine und Russlands gleich begegnen - um nicht weniger als einen möglichen Frieden in Europa zu verhandeln. Oder einen möglichen Waffenstillstand. Oder um seit mehr als drei Jahren einfach direkte Gespräche darüber zu führen.
Die Erwartungen waren enorm, die Enttäuschung umso größer, als niemand der beiden Delegationen auftaucht. Aus lauter Verzweiflung filmt und interviewt am Abend ein türkischer Sender einen buddhistischen Mönch, der mit einem Holzstab auf seine Trommel haut: Er will einen gerechten Frieden. Wird der hier in Istanbul erreicht werden können? Heute nicht, es ist nicht einmal ein Anfang dafür gelegt worden.
Gespräche ohne Vorbedingungen?
Russland habe eine "Schein-Delegation" nach Istanbul gebracht, sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Abend in Ankara. Dort hatte er abgewartet, wer nach Istanbul reist.
Präsident Putin versucht derweil, den Druck abperlen zu lassen. Er hat sich seit dem vergangenen Wochenende gar nicht mehr öffentlich zu dem Treffen in Istanbul geäußert und würde sich ohnehin nicht auf vermeintliche Provokationen von Selenskyj einlassen. Das russische Narrativ bestätigt sich auch heute am Bosporus: Russland sei immer zu Verhandlungen bereit, Russland wolle einen dauerhaften Frieden.
Was heute noch nicht gesagt wurde: Es spielt gar keine Rolle, wer hier verhandelt. Denn für Russland geht es immer um das große Ganze: Die Ursachen des Konflikts müssten angegangen werden. Selbst wenn Russland sagt, dass die Gespräche in Istanbul ohne Vorbedingungen stattfinden sollen, bedeutet es für Moskau vor allem eins: Es gibt aus russischer Sicht Bedingungen, die gar nicht verhandelbar sind, sondern gesetzt.
Russland bleibt bei Maximal-Forderungen
Putin wiederholt das seit Jahren immer wieder, zuletzt in einer langen Rede vor dem Außenministerium im Juni 2024: Die Ukraine müsse sich bereit erklären, dass sie nicht der NATO beitreten wird. Die Ukraine solle entmilitarisiert werden. Die Ukraine soll ihre Truppen aus den Regionen im Osten und Süden abziehen, die Russland derzeit nur zum Teil besetzt hat. Und die Russland schon nun seit mehr als zwei Jahren als russische Republiken in der Verfassung als russisch in seiner Verfassung verankert hat.
All diese Vorbedingungen werden in den Gesprächen "ohne Vorbedingungen" heute mitschwingen. Während die russische Delegation am späten Abend noch in Istanbul verkündet, sie hätten ein sehr produktives Treffen gehabt mit dem türkischen Außenministerium. Am Morgen ab 10 Uhr würden sie auf die ukrainische Delegation warten. Sie seien "zur Arbeit bereit". Am Dolmabahce-Palast in Istanbul - wo Trommelklopfen eines alleinigen buddhistischen Mönchs wohl nicht ausreichend wird, um den Frieden in Europa wiederherzustellen.