Rechtsstreit mit Jad Vaschem Wem gehört Schindlers Liste?
Ein Gericht in Jerusalem beschäftigt sich zurzeit mit der Zukunft von Schindlers Liste. Noch liegt sie in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem. Doch Erika Rosenberg, Erbin und Nachlassverwalterin von Schindlers Frau Emilie, will das ändern.
Vom 18. April 1945 datiert die weltberühmte Liste mit den rund 1100 Namen jener jüdischen Zwangsarbeiter, denen Oskar Schindler in den letzten Kriegstagen das Leben rettete. Auf den Tag genau - fast 70 Jahre später - muss sich nun das Bezirksgericht in Jerusalem mit der Frage beschäftigen: Wem gehören die 23 Blätter, die als Schindlers Liste Weltruhm erlangten und Millionen wert sind?
Gehören sie der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem, wo die Originale in den Archiven gut verborgen lagern? Oder gehören Schindlers Listen der Argentinierin Erika Rosenberg, die Jad Vaschem verklagt hat?
Erika Rosenberg vs. Jad Vaschem
Erika Rosenberg ist 63 Jahre alt, wohnt in Buenos Aires und verwaltet den Nachlass von Oskar Schindlers Witwe Emilie. Die hatte verfügt, dass Rosenberg die Rechte an ihrem Nachlass erhalten solle. "Emilie Schindler ging es um Gerechtigkeit", sagt Rosenberg, "Man hat ihr etwas weggenommen, was einmal ihr gehörte."
Dachboden-Fund in Hildesheim
Das sieht die Holocaust-Gedenkstätte komplett anders. Jahrelang lagerten die Listen nach dem Krieg in Hildesheim in einem alten Koffer auf dem Dachboden des Hauses von Schindlers Geliebten. Nach deren Tod übergaben ihre Söhne den Koffer an Jad Vaschem. Schindler habe vor seinem Tod seiner Geliebten den Koffer samt Inhalt geschenkt, damit komme Emilie Schindler als Erbin nicht in Frage, argumentieren dort die Verantwortlichen.

Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Vor den dortigen Gaskammern rettete der Industrielle seine "Schindler-Juden".
Für Rosenberg ein weiterer Beleg, dass die Rolle Emilie Schindlers nicht zuletzt seit Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“ nicht ausreichend gewürdigt wird. "Eine Sache ist der Film, aber wir richten uns ja nach Tatsachen, nach Fakten, und Emilie Schindler hat auch ihr Leben geopfert, sich selbst eingesetzt, mutig und tapfer, um diese Menschen zu retten. Und das ist die Ungerechtigkeit, und das versuchte ich all die Jahre ans Licht zu bringen, welche Rolle die Frau Schindler in der Zeit des Krieges wirklich gespielt hat."
Ihr gehe es um Gerechtigkeit, nicht um Profit, sagt Rosenberg im Gespräch mit dem ARD Hörfunk. Sollte sie den Prozess gegen Jad Vaschem gewinnen, könne sie sich vorstellen, die wertvollen Listen Schindlers in Deutschland auszustellen.
Unappetitliche Details zur Ehe der Schindlers
Der Prozess selbst dürfte unappetitliche Details der Ehe von Oskar und Emilie Schindler ans Tageslicht befördern. Der Unternehmer galt als Frauenheld, hatte viele Geliebte. Zwischen 1957 – als Oskar Schindler aus Argentinien nach Deutschland zurückkehrte – und seinem Todesjahr 1974, lebten beide getrennt, die Ehe wurde jedoch nie geschieden. Für Rosenberg ist klar: Sie wird um das Erbe Emilie Schindlers kämpfen. Das sei sie ihr schuldig, meint die Argentinierin. "Sie hat mir ihr Leben anvertraut, und ich darf dieses Vertrauen, auch wenn sie nicht mehr lebt, nicht enttäuschen."