Abgeordnete stehen im Bundestag in einer Schlange.
faq

Bundestag Warum Abgeordnete über ihre Diäten entschieden haben

Stand: 05.06.2025 19:31 Uhr

Der Bundestag hat entschieden, dass die Diäten der Abgeordneten weiter jährlich automatisch angepasst werden. Warum ist das so? Und wie viel Geld bekommen die Abgeordneten überhaupt?

Worum geht's?

Bundestagsabgeordnete liegen mit der sogenannten Abgeordnetenentschädigung - umgangssprachlich Diät - in der Einkommensskala weit oben. Beschlüsse zu Diätenerhöhungen Sorgen daher immer wieder für hitzige Diskussionen.

Vor einigen Jahren wurde deshalb ein Automatismus eingeführt, eine jährliche Anpassung wie bei der Rente. Doch auch dieser Mechanismus, der nach jeder Bundestagswahl für die neue Legislaturperiode verlängert werden muss, steht in der Kritik. Nun wurde gegen die Stimmen der AfD und der Linken beschlossen, dass die Diäten der Bundestagsabgeordneten weiterhin einmal pro Jahr analog zur Lohnentwicklung automatisch angehoben werden. Ähnlich wie bei der Rente wird die sogenannte Abgeordnetenentschädigung jedes Jahr zum 1. Juli an die Entwicklung der Durchschnittslöhne angepasst.

Wie viel Geld bekommen Bundestagsabgeordnete überhaupt?

Aktuell 11.227,20 Euro monatlich. Das Geld muss versteuert werden. Dazu kommt eine steuerfreie monatliche Kostenpauschale von aktuell bei 5.349,58 Euro für Kosten zur Ausübung des Mandats - wie die Miete des Wahlkreisbüros, Material, Taxifahrten, Hotelkosten oder die Unterkunft in Berlin.

Darüber hinaus erstattet der Bundestag Ausgaben für das Büro in Berlin (Material oder Smartphones für die Mitarbeiter) bis maximal 12.000 Euro pro Jahr. Zudem können Abgeordnete kostenlos mit der Bahn fahren und bekommen Kosten für Inlandsflüge ersetzt, wenn sie im Zusammenhang mit der Ausübung des Mandates stehen.

Im Vergleich zu einem Normalverdiener ist das sehr viel: Das durchschnittliche Monatsgehalt von Vollzeitbeschäftigten lag im April 2024 laut Statistischem Bundesamt bei 4.634 Euro.

Wonach richtet sich die Höhe der Diäten?

"Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung", heißt es im Grundgesetz. Die Details dazu sind im Abgeordnetengesetz geregelt. Die Diäten orientieren sich demnach an den Bezügen von Richtern an obersten Bundesgerichten.

Nach dem sogenannten Diäten-Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1975 muss die Entschädigung "der Bedeutung des Amtes unter Berücksichtigung der damit verbundenen Verantwortung und Belastung und des diesem Amt im Verfassungsgefüge zukommenden Ranges gerecht werden".

Sind die Diäten zu niedrig - so eine Befürchtung - könnten Abgeordnete anfälliger für Bestechungsversuche sein.

Warum stimmte der Bundestag selbst über seine Diäten ab?

Auch das geht auf das Diäten-Urteil des Verfassungsgerichts von 1975 zurück. Laut bundestag.de verpflichtet dieses die Abgeordneten, selbst und "vor den Augen der Öffentlichkeit" darüber zu entscheiden.

Das Gericht urteilte damals: "In einer parlamentarischen Demokratie lässt es sich nicht vermeiden, dass das Parlament in eigener Sache entscheidet, wenn es um die Festsetzung der Höhe und um die nähere Ausgestaltung der mit dem Abgeordnetenstatus verbundenen finanziellen Regelungen geht."

Warum gibt es eine automatische jährliche Anpassung?

Das wurde 2014 von der damaligen Großen Koalition auf Empfehlung einer Expertenkommission beschlossen. Deren Chef, der frühere Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig von der FDP, hatte auf immer wieder geführte heftige öffentliche Debatten bei anstehenden Diätenerhöhungen verwiesen: "Da war dann von den Politikern als 'Raffkes' und von 'Selbstbedienung' der Parlamentarier die Rede", sagte er. Es habe deshalb schon seit längerem den politischen Wunsch gegeben, Anpassungen zu automatisieren.

Wie funktioniert dieser Mechanismus?

So ähnlich wie bei der Rente: Steigen die Durchschnittslöhne im Land in diesem Jahr um soundsoviel Prozent, erhöhen sich im kommenden Jahr die Diäten entsprechend. Jeder neu gewählte Bundestag muss aber darüber abstimmen, ob er dieses Verfahren für die Legislaturperiode so beibehalten will.

Was sagen Befürworter und Kritiker?

SPD und Union verteidigen den Automatismus. Dies sei ein guter, weil auf Fakten basierender Umgang mit einer sehr politischen und manchmal auch emotionalen Frage, sagte Unionsfraktionschef Jens Spahn von der CDU. In schwierigen Zeiten, wenn Bürger bei Löhnen und Gehältern weniger gehabt hätten, habe das auch schon zu entsprechenden Reduzierungen geführt. 2021 waren die Diäten tatsächlich im Zuge der Corona-Pandemie geringfügig gesunken.

Der CDU-Abgeordnete Hendrik Hoppenstedt sagte nun im Bundestag, mit der Kopplung an die Lohnentwicklung und der Orientierung an den Bezügen der obersten Bundesrichter sei die Regelung nachvollziehbar, fair und angemessen.

Kritik kommt von der AfD und der Linken, die beide eine Aussetzung der automatischen Anpassung fordern. Linksfraktionschefin Heidi Reichinnek sagte im Podcast "Berlin Playbook" von Politico, sie sei entsetzt, dass der Bundestag die zweithöchste Diätenerhöhung der Geschichte plane und kündigte an, von ihrem Geld mehr zu spenden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Stephan Brandner, bezeichnete das Vorgehen der Parlamentsmehrheit als "schäbig".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR Aktuell am 05. Juni 2025 um 12:10 Uhr.