Mitarbeiter der Spurensicherung auf einem Bahnsteig des Hamburger Hauptbahnhofs
faktenfinder

Messerangriff in Hamburg Fakes über Täterin und Helfer im Umlauf

Stand: 27.05.2025 13:33 Uhr

Nach dem Messerangriff in Hamburg werden im Netz Zweifel am Tathergang gesät. So werden unter anderem mittels KI gefälschte Bilder des Helfers verbreitet. Auch dass es sich um eine Täterin gehandelt hat, wird bestritten.

Von Pascal Siggelkow, ARD-faktenfinder

"Wen wollt ihr verarschen?" - Mit diesen Worten werden auf der Plattform X Bilder des Helfers Muhammad al-Muhammad geteilt, der am Hamburger Hauptbahnhof zusammen mit einem weiteren Mann die Messerangreiferin gestoppt hatte. Der Vorwurf: Die Medien würden angeblich KI-generierte Bilder des Helfers von verschiedenen Orten verbreiten.

Als vermeintlicher Beweis dienen dabei zwei Bilder, die al-Muhammad in fast identischer Pose und gleicher Kleidung zeigen: einmal vor dem Brandenburger Tor und einmal auf einem Bahngleis, angeblich in Hamburg. Doch dieser Vorwurf ist aus mehreren Gründen falsch.

Bild aus Berlin stammt nicht vom Wochenende

Wie unter anderem die dpa berichtete, wird mit diesen Postings suggeriert, dass die Geschichte des Helfers al-Muhammad, wie sie in den Medienberichten geschildert wird, falsch sei. Dabei sind diese Postings selbst manipuliert.

Zum einen stammt das Bild, das den Helfer vor dem Brandenburger Tor zeigt, von einem Artikel des Spiegels, die al-Muhammad interviewt hatten. Dabei handelt es sich nach der Quellenangabe um ein privates Foto des Mannes, das nicht im aktuellen Zusammenhang aufgenommen wurde. Auf X hatten aufgrund des Ortes des Bildes einige User die Falschbehauptung aufgestellt, der Mann könne nicht der Helfer gewesen sein, da er sich ja offenbar nicht in Hamburg befinde.

Das Bild ist echt, stammt jedoch nicht von dem vergangenen Wochenende. Wie der Spiegel gegenüber der Frankfurter Rundschau mitteilte, ist das Bild nach Angaben von al-Muhammad Mitte April bei einem privaten Besuch bei einem Freund in Berlin entstanden.

Bild vom Bahnhof ist KI-generiert

Das zweite Bild, das den Helfer mit fast identischer Pose und gleicher Kleidung am Hamburger Hauptbahnhof zeigen soll, ist wiederum offensichtlich KI-generiert. Zu erkennen ist das unter anderem an dem Schriftzug auf der Jacke, der im Gegensatz zum echten Bild nicht lesbar ist. Auch die Schriftzüge am Bahnhof, beispielsweise die Gleisanzeige oder der Fahrplanaushang, sind nicht lesbar. Hinzu kommt, dass es am Hamburger Hauptbahnhof keinen Ort gibt, der vergleichbar aussieht wie der auf dem Bild.

Der Vorwurf, die Medien hätten sowohl das Bild vor dem Brandenburger Tor als auch das offensichtlich KI-generierte Bild an einem Bahnhof verbreitet, ist jedoch falsch. Denn während das erste Foto im Spiegel erschienen ist, wurde das zweite, das KI-generierte Bild, nicht von etablierten Medien übernommen, wie eine Bilderrückwärtssuche zeigt. Zudem gibt es zahlreiche weitere Bilder und auch Videos, die al-Muhammad zeigen und auf denen er eindeutig zu identifizieren ist.

Auch die Polizei bestätigte bereits, dass durch das sehr schnelle Eingreifen zweier Passanten, die sich auf dem Bahnsteig befanden, der Angriff unterbrochen werden konnte. Insgesamt wurden 18 Menschen mit einem Messer angegriffen und verletzt.

Screenshot eines Posts auf der Plattform "X", darüber geschrieben der Hinweis "Fake"

Polizei bestätigt Festnahme einer Frau

Eine weitere Falschbehauptung, die in den sozialen Netzwerken kursiert, ist, dass es sich in Wahrheit gar nicht um eine Täterin gehandelt habe. Als vermeintlicher Beweis hierfür wird eine Schalte mit einem Reporter des Nachrichtensenders WELT geteilt. In dem 44-sekündigen Videoclip ist der WELT-Reporter zu sehen, der gut eine Stunde nach dem Angriff in der Nähe des Hamburger Hauptbahnhofs steht.

In der Schalte fragt der Nachrichtenmoderator den Reporter zunächst nach der mutmaßlichen Täterin und ob der Reporter sie noch gesehen habe. Dieser antwortet daraufhin, dass er sie nicht gesehen habe und sie schon festgenommen worden sei. Dann sagt der Reporter, dass ein Zeuge ihm berichtet habe, dass ein junger Mann festgenommen worden sein soll. Dieser habe demnach ein relativ ungepflegtes Erscheinungsbild gehabt und soll einen Kapuzenpullover getragen haben.

Auf X wird dieses Video vor allem in verschwörungsideologischen Kreisen verbreitet, unter anderem mit den Worten: "So viel von dem Märchen einer Täterin!" Dabei gibt es keine Beweise für diese Behauptung.

Screenshot eines Posts auf der Plattform "X", darüber der Hinweis "Fake" geschrieben

Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei der festgenommenen Person um eine 39-jährige Frau. Sie hat die Tat vor dem Haftrichter eingeräumt, wie eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg mitteilte. Auf Videos, die von der Festnahme am Hauptbahnhof gemacht worden sind, ist sie zu sehen. Darauf trug sie eine Kapuze, sodass ihr Gesicht nicht gut zu erkennen war. Die Tatverdächtige wurde in einer psychiatrischen Klinik untergebracht.

Eine Sprecherin der WELT schreibt auf Anfrage: "In Live-Situationen ist die journalistische Aufgabe, möglichst schnell zu berichten - auf Basis der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Informationen. Dabei prüfen unsere Reporterinnen und Reporter sowie die Redaktion kontinuierlich alle Quellen, Hinweise und Aussagen, um ein möglichst genaues Bild der Lage zu vermitteln. Auch im vorliegenden Fall wurden die Aussagen des Reporters nach der Schalte überprüft und - soweit erforderlich - im weiteren Programmverlauf korrigiert oder eingeordnet. Diese Form der kontinuierlichen Aktualisierung und Einordnung ist bei Live-Berichterstattung üblich und Teil unseres redaktionellen Prozesses."