Ein Mann hält ein Schild mit der Schrift ACAB

Polizistenbeleidigung "All Cops Are Bastards" "ACAB" fällt unter Meinungsfreiheit

Stand: 24.06.2016 15:32 Uhr

Die Anti-Polizei-Parole "ACAB" gilt nur dann als Beleidigung, wenn sie sich auf eine begrenzte Gruppe bezieht- so das Bundesverfassungsgericht. Die allgemeinere Äußerung der Formel "All Cops Are Bastards" fällt damit unter die Meinungsfreiheit.

Die allgemeine Polizistenbeleidigung "ACAB" als Abkürzung für "All Cops Are Bastards" ist nicht automatisch strafbar. Eine Parole wie diese sei von der Meinungsfreiheit geschützt, wenn sie sich nicht auf eine "hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe" beziehe, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in Beschlüssen.

"Schlag ins Gesicht"

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte das Urteil. GdP-Vorsitzender Oliver Malchow verwies darauf, dass die Abkürzung "ACAB" nahezu immer in Verbindung mit Gewalt gegen Polizisten stehe. Für seine Kolleginnen und Kollegen sei die Gerichtsentscheidung ein "Schlag ins Gesicht".

In einem Fall ging es um Fußballfans bei einem Zweitliga-Spiel des Karlsruher SC gegen den VfL Bochum im Oktober 2010. Mehrere Fans kritisierten dabei mit einem Transparent den Polizeieinsatz bei einer Großdemonstration gegen das Bahn-Projekt "Stuttgart 21". Nachdem dieses eingerollt war, folgte ein neues Banner mit den Buchstaben "ACAB".

Eine Frau entfernt das ACAB-Graffiti von einem Schaufenster

Die Formel "ACAB" - hier als Graffiti an einem Schaufenster - gilt nicht automatisch als Polizistenbeleidigung.

Die Polizei sah darin eine strafbare Beleidigung. Einer der Fans wurde identifiziert und zu einer Geldbuße in Höhe von 600 Euro verurteilt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte die Strafe. Es handele sich um eine herabsetzende Äußerung.

Provozierte Beleidigung?

In dem anderen Verfahren wurde ein Fußballfan wegen eines "ACAB"-Aufdrucks auf seiner Hose zu einer Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro verurteilt. Der Fan habe gewusst, dass die beim Fußballspiel anwesenden Polizisten die Beleidigung sehen würden, urteilte das Oberlandesgericht München.

Die Verfassungshüter verwiesen nun darauf, dass die Äußerung zunächst eine nur "allgemeine Ablehnung der Polizei und ein Abgrenzungsbedürfnis gegenüber der staatlichen Ordnungsmacht zum Ausdruck" bringe und insoweit noch vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Eine Beleidigung liege erst vor, wenn die Parole "personalisiert" an eine überschaubare und abgegrenzte Gruppe von Polizisten gerichtet sei.

Kollektivbeleidigung trifft nicht Individuum

Das Gericht bekräftigte damit erneut seine Maßstäbe zur sogenannten Kollektivbeleidigung. In seinem "Alle Soldaten sind Mörder"-Urteil von 1995 hatte Karlsruhe entschieden, dass sich die herabsetzende Äußerung auf alle Soldaten der Welt beziehe und deshalb nicht geeignet sei, auf die persönliche Ehre des Individuums durchzuschlagen.

Die Vorinstanzen müssten daher noch einmal prüfen, ob die Verurteilten die Parolen bewusst an einzelne Beamte gerichtet oder sich extra in der Nähe der Einsatzkräfte begeben hätten.

Aktenzeichen: 1 BvR 257/14 und 1 Bv