Lars Klingbeil

33,3 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen brechen deutlich ein

Stand: 15.05.2025 15:55 Uhr

Wenige Tage nach Amtsantritt muss Finanzminister Klingbeil verkünden: Der Bund muss mit 33,3 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen bis 2029 auskommen, als zuletzt geschätzt. Klingbeil relativiert jedoch - er habe das erwartet.

Die neue schwarz-rote Bundesregierung muss bei der Umsetzung ihres Koalitionsvertrags bis 2029 mit 33,3 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen rechnen als noch vor wenigen Monaten angenommen. Für den gesamten Staat, also Bund, Länder und Kommunen zusammen, sagen die Steuerschätzerinnen und Steuerschätzer nach Angaben des Finanzministeriums im gleichen Zeitraum sogar ein Minus von 81,2 Milliarden Euro voraus.

Lars Klingbeil stellt Pläne für seine Amtszeit als Finanzminister vor

Nicole Kohnert, ARD Berlin, tagesschau24, 15.05.2025 17:00 Uhr

Insgesamt sei das Ergebnis der Steuerschätzer aber weitgehend so, wie es während der Koalitionsverhandlungen schon erwartet wurde, relativierte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil. "Die Ergebnisse zeigen: Wir müssen durch höheres Wirtschaftswachstum die Einnahmen stärken", sagte der SPD-Politiker. "Nur so gewinnen wir neue finanzielle Spielräume. Wir stoßen deshalb jetzt die größte Modernisierung unseres Landes seit Jahrzehnten an."

Bundeshaushalt komplett neu geplant

Eine wichtige Grundlage für die Schätzung der Steuereinnahmen ist die Konjunkturprognose der Bundesregierung. Und die hat Ende April gezeigt: Die Wirtschaft tritt auf der Stelle. Zum dritten Mal in Folge kein Wachstum, das Bruttoinlandsprodukt (BiP) stagniert. Und auch im kommenden Jahr erwartet die Regierung kaum Aufschwung und nur ein geringes Wachstum von 1,0 Prozent.

Mit diesen Zahlen im Gepäck muss der neue Finanzminister jetzt den Haushalt für das laufende Jahr aufstellen - deutlich später als sonst. Grund ist der Bruch der Ampelkoalition und die vorgezogenen Bundestagswahl. Am 25. Juni will Klingbeil die Pläne dann durchs Kabinett bringen - und es ist zu erwarten, das vom Entwurf seines Vorvorgängers Christian Lindner (FDP) kaum etwas übrig bleiben wird. Die finanziellen Rahmenbedingungen haben sich seitdem vollkommen verändert.

Wer schätzt die Steuereinnahmen?

Der Arbeitskreis Steuerschätzung kommt zweimal im Jahr zusammen, im Frühjahr und Herbst. In dem Gremium sitzen Expertinnen und Experten der Bundesregierung, der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, des Statistischen Bundesamts, der Bundesbank, des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland sowie Vertreterinnen und Vertreter der Länderfinanzministerien und der Kommunen.

Koalitionspläne unter Finanzierungsvorbehalt

Für 2025 fällt die Steuerschätzung noch vergleichsweise harmlos aus, die Schätzer erwarten nur 0,6 Milliarden weniger Einnahmen als im Herbst. Doch Klingbeil stimmte seine Kabinettskolleginnen und Kabinettskollegen bereits darauf ein, dass trotz historischer Kreditmöglichkeiten kein unbegrenzter Spielraum herrsche. "Ja, wir werden auch Haushaltskonsolidierung vorantreiben müssen", betonte der Vizekanzler. 

Ob der neue Haushalt tatsächlich wie geplant Anfang September beschlossen werden kann, wird davon abhängen, wie sehr Klingbeils Kolleginnen und Kollegen dabei mitziehen. Union und SPD war schon bei der Formulierung ihres Koalitionsvertrags klar, dass sich ihre zahlreichen Vorhaben nicht ohne Weiteres finanzieren lassen - jedenfalls nicht ohne einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung.

Alle Vereinbarungen des Koalitionsvertrags stehen deshalb unter einem Finanzierungsvorbehalt, werden also nur umgesetzt, wenn ausreichend Geld da ist.

Sondervermögen nur für zusätzliche Ausgaben

Bei den Verteidigungsausgaben ist ein deutlicher Aufwuchs zu erwarten - dafür sorgt die Lockerung der Schuldenbremse. Damit kann der Bund für die Bundeswehr und andere verteidigungspolitische Zwecke quasi unbegrenzt Kredite aufnehmen.

Auch für Investitionen in die Infrastruktur, also für Straßen, Schienen, Kitas, Energienetze, Internet und Wohnraum, stehen schuldenfinanziert Milliarden zur Verfügung. Doch das Sondervermögen darf nur für zusätzliche Ausgaben genutzt werden, also nur, wenn auch im Kernhaushalt beträchtliche Investitionen eingeplant sind.

Mario Kubina, ARD Berlin, tagesschau, 15.05.2025 16:01 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 15. Mai 2025 um 16:00 Uhr.