Blick vom Beueler Rheinufer auf den Rhein in Bonn.

Digitalministerium in Bonn Steuerzahlerbund nennt zweiten Dienstsitz "absurd"

Stand: 27.05.2025 10:31 Uhr

Deutschlands erstes Digitalministerium soll nicht nur in Berlin residieren, sondern auch in Bonn. Der Bund der Steuerzahler hält von dieser Entscheidung gar nichts - und erinnert die Bundesregierung an das Sparversprechen im Koalitionsvertrag.

Das neue Digitalministerium unter Ressortchef Karsten Wildberger hat zwar noch kein eigenes Gebäude in Berlin, doch schon jetzt ist klar, dass es auch einen Dienstsitz in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn bekommen soll. Für den Bund der Steuerzahler ist das ein Unding.

Verbandspräsident Reiner Holznagel nannte die Entscheidung für zwei Standorte in der Bild-Zeitung "absurd". "Ausgerechnet das neue Digitalministerium kommt mit zwei analogen Standorten daher. Und das, obwohl Schwarz-Rot doch sparen will", kritisierte er.

Holznagel verwies darauf, dass Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag noch angekündigt hätten, beim aufgeblähten Verwaltungsapparat sparen zu wollen. "Wer es mit Effizienz wirklich ernst meint, holt alle Ministerien ganz nach Berlin", mahnte er.

Holznagel: "Die Musik spielt längst in Berlin“

Gestern hatte ein Ministeriumssprecher vor Journalisten bestätigt, dass das neue Bundesdigitalministerium neben dem Standort Berlin auch einen Dienstsitz in Bonn erhält. Dies sei "historisch gewachsen", heißt es. So hätten auch nachgeordnete Behörden wie die Bundesnetzagentur und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ihren Sitz in der früheren Bundeshauptstadt.

Welche Kosten durch den zweiten Standort in Bonn entstehen, konnte der Sprecher nicht sagen. In den 1990er-Jahren war der deutsche Regierungssitz zwar von Bonn nach Berlin verlegt worden, aber alle Ministerien haben bis heute auf Grundlage des Berlin/Bonn-Gesetzes Standorte in beiden Städten.

Mehr als 30 Jahre nach seiner Verabschiedung gehöre das Berlin/Bonn-Gesetz abgeschafft, betonte Verbandspräsident Holznagel. "Die Musik spielt längst in Berlin, die Ministerien arbeiten fast komplett an der Spree - obwohl das Gesetz genau das Gegenteil verlangt." Die Zweiteilung der Ministerien habe damals "eine Brücke zwischen Ost und West" sein sollen. "Aber heute ist sie nur noch teuer, umständlich und überflüssig."

Sechs Ministerien haben ihren Erstsitz in Bonn

Im April 1994 war das Berlin/Bonn-Gesetz erlassen worden, das neben Ausgleichszahlungen vom Bund in die Region Bonn unter anderem den Umzug von Parlament und Teilen der Bundesregierung sowie einiger Bundesbehörden im Jahr 1999 in die neue Hauptstadt Berlin regelte.

Sechs Ministerien haben ihren Erstsitz aber weiterhin in Bonn und alle Berliner Ministerien unterhalten dort noch Dependancen. 6.600 Ministerialbeschäftigte arbeiten in der alten westdeutschen Hauptstadt. Folge sind Tausende innerdeutsche Dienstreisen des Behördenpersonals pro Jahr, darunter im Jahr 2022 einem Bericht des Spiegel zufolge auch 5.330 Inlandsflüge.

Die Verteilung der Regierungsarbeit auf zwei Städte kostet den Staat jährlich eine Millionensumme. Laut dem bisher letzten veröffentlichten Teilungskostenbericht des Bundesfinanzministeriums waren es im Jahr 2019 rund 9,2 Millionen Euro.