eine rote Ampel leuchtet vor einem CDU-Plakat mit Friedrich Merz darauf

Länder-Kritik an Steuerversprechen "Wer bestellt, muss auch bezahlen"

Stand: 27.05.2025 12:02 Uhr

Eine höhere Pendlerpauschale, weniger Mehrwertsteuer in der Gastronomie: In den schwarz-roten Koalitionsvertrag haben es viele Versprechen geschafft, die auch für die Bundesländer teuer werden. Deren Kritik wird immer lauter.

Die schwarz-rote Bundesregierung hat einiges in ihrem gemeinsamen Koalitionsvertrag festgeschrieben, das helfen soll, die Konjunktur in Deutschland anzukurbeln. Dazu zählt auch: runter mit der Mehrwertsteuer in der Gastronomie und rauf mit der Pendlerpauschale. Doch in den Bundesländern bildet sich gegen diese beiden Vorhaben deutlicher Widerstand, wie aus einer Umfrage der Süddeutschen Zeitung (SZ) hervorgeht. Der Grund: die Sorge vor den damit verbundenen Kosten.

Dabei kommt die Kritik nicht nur aus den Reihen der Oppositionsparteien. "Es muss endlich aufhören, dass der Bund Bundesgesetze oder andere Maßnahmen ergreift, die bei den Ländern und Kommunen zu Mindereinnahmen oder Mehrausgaben führen", mahnte Sachsens Finanzminister Christian Piwarz von der CDU im Gespräch mit der Zeitung. Und er betonte: "Wer bestellt, muss auch bezahlen."

Einige Länder warnen schon vor Haushaltsnotlage

Der Hintergrund: Steuereinnahmen werden unter Bund, Ländern und Kommunen aufgeteilt. Der Bund erhielt im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt 374,9 Milliarden Euro an Steuereinnahmen, an die Länder gingen 394,8 Milliarden Euro und an die Gemeinden 145,5 Milliarden Euro. Die Bundesländer befürchten also, dass sie Steuersenkungen in den eigenen Kassen deutlich zu spüren bekommen würden.

Der Berliner Finanzsenator Stefan Evers, ebenfalls Mitglied der CDU, bemängelt in der SZ schon jetzt eine "extrem angespannte Haushaltslage". Das sei der Grund, warum das Land Berlin "insbesondere solchen Maßnahmen, die unsere Einnahmen weiter verringern" nicht ohne Weiteres werde zustimmen können.

Berlin ist nicht das einzige Bundesland, das bereits mit finanziellen Engpässen zu kämpfen hat. Auch Bremens Finanzsenator Björn Fecker warnt vor einer drohenden Haushaltsnotlage. "Wir haben deshalb ein Sanierungsprogramm aufgelegt und keinen Cent zu verschenken", sagte der Grünen-Politiker der SZ. Der Bund dürfe keine Präsente auf Kosten von Ländern und Kommunen verteilen, "denn das reißt Millionenlöcher in die Haushalte, die kaum noch zu stopfen sind".

Milliarden Euro an Steuereinnahmen könnten wegfallen

Es dreht sich also im Kern um die Frage: Wer zahlt für das Minus bei den Steuern, das die versprochenen Änderungen bei der Pendlerpauschale und in der Gastronomie bedeuten würden?

Ein kurzer Blick auf die Sachlage: Die Pendlerpauschale liegt derzeit bei 30 Cent ab dem ersten Kilometer, ab dem 21. Kilometer sind es 38 Cent. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD setzen sich beide Regierungsparteien auf Seite 48 zum Ziel: "Wir werden die Pendlerpauschale zum 01.01.2026 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer dauerhaft erhöhen." Schätzungen zufolge könnte das bis zum Jahr 2029 etwa acht Milliarden Euro weniger an Steuereinnahmen bedeuten.

Auf der nächsten Seite folgt das nächste Vorhaben: "Die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie wird zum 01.01.2026 dauerhaft auf sieben Prozent reduziert." Die reduzierte Mehrwertsteuer war während der Corona-Pandemie eingeführt worden, um der von Umsatzeinbußen belasteten Branche zu helfen. Nach dem Ende der Pandemie wurde der Steuersatz wieder auf 19 Prozent heraufgesetzt. Dieses Vorhaben könnte bis 2029 mit einem Minus von 15 Milliarden Euro an Steuereinnahmen zu Buche schlagen.

Das sind Zahlen, aufgrund derer der Hamburger Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) die geplante Erhöhung der Pendlerpauschale als "echten Fehlanreiz" bezeichnet und den Steuerplänen für die Gastronomie keine Priorität einräumt. Auch der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz von den Grünen warnt in der SZ, mit der Umsetzung dieser beiden Versprechen würden lediglich "Einzelinteressen" bedient. Das seien keine Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit und dafür habe man auch die staatlichen Verschuldungsregeln nicht geändert.

Bund soll Finanzlöcher stopfen

Ein klares Nein zu den schwarz-roten Plänen kommt aus den Ländern noch nicht. Allerdings gebe es eine klare Bedingung, heißt es aus dem SPD-geführten Finanzministerium in Mecklenburg-Vorpommern. Entscheidend für das Abstimmungsverhalten des eigenen Bundeslandes werde sein, "ob der Bund bereit ist, Einnahmeausfälle im Sinne einer fairen Lastenverteilung durch geeignete Maßnahmen auszugleichen".

Union und SPD verweisen im gemeinsamen Koalitionsvertrag auf den Grundsatz der Veranlassungskonnexität - und formulieren diesen selbst mit den Worten: "Wer bestellt, bezahlt". Weiter heißt es: "Wenn Bundesgesetze oder andere Maßnahmen des Bundes bei den Ländern und Kommunen zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen führen, muss sichergestellt werden, dass die Mittel bei der ausführenden Ebene ankommen."

Aus Sicht der Bundesländer bedeutet das, dass der Bund für seine Steuergeschenke selbst aufkommen und die dadurch entstehenden Finanzlöcher auch selber stopfen muss. Alle Vereinbarungen des Koalitionsvertrags stehen allerdings auch unter einem Finanzierungsvorbehalt. Sie werden also nur umgesetzt, wenn ausreichend Geld da ist. Und zuletzt musste Bundsfinanzminister Lars Klingbeil selbst einräumen, dass für die Vorhaben bis 2029 mehr als 33 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen zur Verfügung stehen werden als ursprünglich gedacht.