
Baden-Württemberg Cybersicherheit und Zivilschutz: Baden-Württemberg will verteidigungsfähig werden
Das Land hat sich mit Vertretern aus Forschung, Wirtschaft und Bundeswehr zu Sicherheit und Verteidigung beraten. Rüstungsfirmen und Zulieferer aus BW wollen Produktion ausweiten.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat auch hierzulande für Bemühungen um mehr Verteidigung gesorgt. Die baden-württembergische Landesregierung hat deshalb am Mittwoch mit Vertretern aus Forschung, Wirtschaft, der Rüstungs- sowie der IT-Branche über die Themen Sicherheit und Verteidigung beraten.
Kretschmann setzt auf militärische Eigenständigkeit
Russland nehme verstärkt die Länder und Rüstungsfirmen in den Blick, die die Ukraine mit Waffen versorgen, erklärte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Mittwoch. Auch in Baden-Württemberg gibt es viele Rüstungsfirmen und Zulieferer. Zum Beispiel werden Antriebe für Militär- und Seefahrzeuge hier produziert. Mehrere Firmen erklärten, sie seien bereit ihre Produktion auszuweiten - und forderten dafür Planungssicherheit.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will erreichen, dass Baden-Württemberg und Europa militärisch eigenständiger werden. Das gelte auch für den Bereich Software und IT. Vertreter der Branche erklärten bei den Gesprächen, wie wichtig es sei, sich digital unabhängiger zu machen.
Kretschmann betonte zudem, dass das Treffen "einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer stärkeren und widerstandsfähigeren Gesellschaft" markiere. "Wir wollen eine führende Rolle in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie übernehmen und gleichzeitig die Chancen für Forschung und Entwicklung von Zukunftstechnologien auch im zivilen Bereich vorantreiben", so der Ministerpräsident weiter.
Mehr militärische Forschung an Unis in BW?
Aus Sicht von Kretschmann müssen sich die Universitäten und Hochschulen in Baden-Württemberg an militärischer Forschung beteiligen. Bislang werde das schwerpunktmäßig an Bundeswehrhochschulen gemacht. "Das brauchen wir jetzt auch an unseren Universitäten", sagte der Ministerpräsident am Mittwoch.
In sogenannten Zivilklauseln, mit denen sich einzelne Hochschulen Regeln für die Forschung geben, sieht Kretschmann dabei kein Hindernis. "Die Zivilklauseln dienen ja dem Frieden - und das, was wir hier machen, dient dem Frieden. Wir rüsten ja nicht auf, um Krieg zu führen. Wir rüsten auf, um Krieg zu verhindern", so Kretschmann.
Unternehmen aus Baden-Württemberg könnten Kriegsziel werden
Schon im Vorfeld machte Michael Giss, Kommandeur des Landeskommandos der Bundeswehr, auf mögliche Bedrohungsszenarien im Cyberraum aufmerksam. Diese beträfen insbesondere die Unternehmen im Land. Denn mit seiner Auto-, Logistik- und Rüstungsindustrie sei Baden-Württemberg ein wichtiges Bundesland, sagte Giss dem SWR am Dienstag.
Und wer militärisch wichtig ist, der ist auch für jeden Gegner ein Ziel. Michael Giss, Chef des BW-Landeskommandos der Bundeswehr
Auch Ministerpräsident Kretschmann wies bereits vor dem Treffen auf die Dringlichkeit des Themas hin: "Wir stehen ja in der berühmten Zeitenwende und müssen uns da ganz neu aufstellen. Das gilt natürlich auch für die Wirtschaft."
Täglich tausende Hackerangriffe in Baden-Württemberg
Bereits jetzt ist Baden-Württemberg immer wieder Ziel von Angriffen - insbesondere von Cyberattacken. Laut Innenministerium sind die Landesbehörden derzeit tausende Male am Tag Ziel von Hackerangriffen. Teilweise seien Kriminelle dafür verantwortlich - teilweise kämen die Attacken aber aus Russland.
Um darauf gefasst zu sein, bereitet sich das Land bereits auf verschiedene Bedrohungsszenarien vor. Diese sind unterteilt in mehrere Stufen - in der ersten befinde man sich mittlerweile schon. Gemeint sind hier "hybride Aktionen", also beispielsweise Desinformations-Kampagnen und Hackerangriffe.
Zivilschutz spielt wichtige Rolle
Im zweiten Szenario ist die Rede von einem möglichen russischen Angriff auf NATO-Gebiet. Das hätte aufgrund der Bündnisverpflichtungen zur Folge, dass Bundeswehr-Truppen in großer Zahl an die Ostflanke verlegt werden. Dadurch werde die Truppe "nicht mehr im großen Stil für Hilfeleistungen im Inneren zur Verfügung stehen", sagte Landeskommandeur Giss.
Das Land müsse sich deswegen auch Gedanken machen, wie es seine Bevölkerung im militärischen Ernstfall versorgen will. Dabei spielten Themen wie die Versorgung mit Nahrungsmitteln und die Widerstandsfähigkeit des Gesundheitssektors eine Rolle.
Sendung am Mi., 28.5.2025 15:30 Uhr, SWR1 BW Nachrichten