
Baden-Württemberg Die Freiburger Buchhandlung "Jos Fritz" wird 50 Jahre alt
Die Buchhandlung ist nach turbulenten Anfangsjahren auch unter jungen Leuten ein beliebten Anlaufpunkt für alternative Literatur. Die nieschige Auswahl - der Schlüssel zum Erfolg.
Politisch, herausfordernd, selbstorganisiert: Die Jos Fritz- Buchhandlung im Sedanviertel ist in der Freiburger Kulturszene längst eine feste Größe. Am ersten Mai-Wochenende feiert sie ihr 50-jähriges Jubiläum.
Bücher abseits des Mainstreams
Der Laden laufe gut, freuen sich die Buchhändlerinnen Tina Bolg und Jana Kling, die wie viele hier schon seit mehreren Jahren zum selbstorganisierten Kollektiv dazugehören. Aufstrebende, junge Autorinnen, Literatur aus Ländern des Globalen Südens, queere Themen: Dass der Laden eine Nische bediene, sei keine Einschränkung, sondern das Erfolgsrezept, so die Buchhändlerinnen. Die unorthodoxe Buchauswahl und die ungewöhnlichen Schwerpunkte seien schon immer das Besondere an der Buchhandlung gewesen. Es habe dem Jos Fritz über die Jahre eine treue Stammkundschaft beschert, die den Laden auch in schwierigen Zeiten wie der Pandemie am Laufen hält.

Eine große Abteilung für Bücher aus der queeren Szenen: Die politischen Schwerpunkt-Themen waren schon immer eine Besonderheit des Jos Fritz.
Eine dieser Kundinnen ist Hannah Jöllenbeck, die in Freiburg Psychologie studiert hat. Sie interessiert sich besonders für die breite Auswahl an feministischer Literatur und stöbert regelmäßig im Sortiment der Buchhandlung. Das Jos Fritz sei ihre Lieblingsbuchhandlung, um Bücher abseits des Mainstreams zu entdecken. Der Laden habe schon immer viele junge Kundinnen und Kunden gehabt, eine Besonderheit für eine Buchhandlung, erzählen Bolg und Kling. Die Nähe zur Universität sei in der Vergangenheit der Motor für den Betrieb gewesen.

Eine der vielen jungen Kundinnen und Kunden im Laden: Die Freiburgerin Hannah Jöllenbeck.
Vom chaotischen Kollektiv zur seriösen Buchhandlung
Dass die Jos-Fritz-Buchhandlung eines Tages ihr 50-jähriges Jubiläum feiern würde, hätten in der Anfangszeit wohl nicht mal ihre Gründer für möglich gehalten. "Geschlossen wegen Demo", soll dort öfter an der Tür gehangen haben, erzählt man sich in der Buchhandlung noch heute. Hervorgegangen ist der Laden aus dem "Libro libre", einer von der Schließung bedrohten Buchhandlung.
Als Kollektiv ohne Hierarchien von etwa 50 linksorientierten Förderinnen und Fördern öffnete das Jos Fritz im Jahr 1975. Die Anfangszeit war chaotisch: Mehrere Male geriet der Laden wegen Paragraph 129 ins Visier der Polizei. Der Vorwurf: Die Unterstützung krimineller Vereinigungen. Reguläre Öffnungszeiten gab es nicht.
Der Idealismus ihrer Gründer stellte die Buchhandlung in den 80er-Jahren vor eine Zerreißprobe: Damit der Laden wirtschaftlich langfristig überleben konnte, erweiterte die Buchhandlung ihr Sortiment und professionalisierte sich. Sie begann damit, das Deutsche Seminar an der Uni zu beliefern, die Universitätsbibliothek und mehrere Schulen.
Wir haben schon nicht mehr dieses "Räuberhöhlen-Image" wie früher Tina Bolg, Buchhändlerin im "Jos Fritz" seit 1991
Heute ist das Jos Fritz eine etablierte Buchhandlung in der Freiburger Kulturszene. Und habe dafür nicht seine Ideale aufgeben müssen, meint Buchhändlerin Tina Bolg, im Gegenteil: Die Auswahl der Bücher sei so politisch wie lange nicht mehr. Und die Buchhandlung habe immer noch den Anspruch, auch eher unbekannte Bücher aus kleineren Verlagen an die Kundinnen und Kunden zu bringen. Die Beschäftigen sind nach wie vor im Kollektiv organisiert, die zwölf Leute arbeiten nicht nur in der Buchhandlung, sie gehört ihnen auch.

Dieses Plakat ging in Freiburg viral: Das von einem befreundeten Fotografen des "Jos Fritz" gemachte Poster hängt in vielen Wohnzimmern in Freiburger Studenten-WGs.
Auch nach 50 Jahren sei der Grundsatz der Gleiche geblieben: Es gehe darum, die Kundinnen und Kunden herauszufordern und zu überraschen. Nur mit einem Unterschied: Das Jos Fritz, findet Buchhändlerin Tina Bolg, hat den Spagat zwischen Idealismus und Wirtschaftlichkeit geschafft.
Sendung am Di., 29.4.2025 12:30 Uhr, SWR4 BW Studio Südbaden