Zwei Ärzte stehen vom dem Medical-Intervention-Car (MIC) in Stuttgart

Baden-Württemberg Herz-Lungen-Maschine auf vier Rädern: Wie ein Sonderfahrzeug Leben rettet

Stand: 02.05.2025 08:51 Uhr

In Stuttgart rettet ein spezielles Notarztfahrzeug Leben. Mit modernster Technik und einem Ärzteteam wird Patienten vor Ort geholfen - bei Notfällen, in denen Sekunden entscheiden.

Lebensbedrohliche Stichverletzungen, Herzstillstand, schwerer Unfall - das alles sind Fälle, bei denen in der Region Stuttgart nicht der klassische Notarztwagen vor Ort kommt, sondern ein ganz spezielles Sondereinsatzfahrzeug mit mindestens zwei Notärzten. Im sogenannten Medical Intervention Car (MIC) befindet sich dann beispielsweise auch eine mobile Herz-Lungen-Maschine. Ärzte können damit schon vor Ort intensivmedizinisch behandeln und viele Leben retten.

Patient im MIC: "Ohne dieses Fahrzeug wäre ich gar nicht hier"

Dem gelb-roten Fahrzeug und dem Notärzte-Team des Klinikums Stuttgart verdanken einige Patienten ihr Leben. So auch Volker Röhm. Bei der Arbeit in Esslingen-Mettingen kollabiert der 60-Jährige vor einigen Tagen: Er erleidet einen akuten Herzstillstand. "Ich weiß noch, dass ich morgens zur Arbeit gefahren bin - dann ist alles weg bis zu dem Zeitpunkt, wo ich wieder aufgewacht bin", erzählt Röhm.

Über eine Stunde lang wird er vor Ort wiederbelebt. Erst leisten Kollegen erste Hilfe, wenige Minuten später der Betriebsarzt bis zum Eintreffen des Spezialfahrzeugs samt Team. "Ich habe gar nicht gewusst, dass es das gibt", sagt Röhm. "Ich hab natürlich große Dankbarkeit, denn ohne dieses Fahrzeug wäre ich gar nicht hier."

Volker Röhm verdankt sein Leben dem gelb-roten Fahrzeug und dem Notärzteteam des Klinikums Stuttgart

Volker Röhm verdankt sein Leben dem gelb-roten Fahrzeug und dem Notärzteteam des Klinikums Stuttgart. Der 60-Jährige kollabierte bei der Arbeit in Esslingen-Mettingen und erlitt einen akuten Herzstillstand.

Das ist das Besondere am Medical Intervention Car in Stuttgart

Ein Team aus speziell ausgebildeten Notärzten bringt bei Bedarf, beispielsweise wie bei Volker Röhm, eine mobile Herz-Lungen-Maschine mit dem Medical Intervention Car zum Einsatzort. Das Gerät übernimmt die Funktion von Herz und Lunge. "Bisher musste der Notarzt den Patienten zu uns bringen", berichtet Daniel Räpple. Er ist Kardiologe am Klinikum Stuttgart. "Auch hier ist die Zeit der entscheidende Faktor. Je früher der Patient an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden kann, desto höher ist seine neurologisch intakte Überlebenswahrscheinlichkeit." Eine weitere Besonderheit: Patienten können vor Ort eine Bluttransfusion nach schweren Unfällen, Stich- oder Schussverletzungen erhalten.

Tod eines jungen Mannes durch Stichverletzung - der Ursprung des MIC in Stuttgart

Die Idee, dass am Standort Stuttgart ein sogenanntes Medical Intervention Car (MIC) gebraucht wird, sei nach dem Tod eines jungen Mannes entstanden, berichtet Oberarzt Christoph Wihler, der auch Projektleiter ist. Der junge Mann hatte eine schwere Verletzung durch einen Messerstich in Stuttgart erlitten. Er sei noch in den Rettungswagen gelaufen, man habe für ihn in der Klinik alles gemacht. Es sei aber zu spät gewesen.

"Mit der Ausstattung im Wagen können wir jetzt sehr invasive Maßnahmen machen, den Brustkorb komplett aufmachen und dann direkt da, wo zum Beispiel ein Stich ins Herz war, die Wunde vor Ort versorgen. Wir haben auch die Möglichkeit, die Hauptschlagader des Patienten zu klemmen", sagt Wihler.

Medical Intervention Cars rund um die Uhr im Einsatz

Es ist laut Klinikum Stuttgart das erste Fahrzeug dieser Art in Baden-Württemberg im 24-Stunden-Betrieb - und sogar für Neugeborene ausgestattet. Diensthabende Notärzte nehmen das Fahrzeug über Nacht mit nach Hause, um im Alarmfall noch schneller zu sein. Auch am Universitätsklinikum in Heidelberg gibt es bereits seit Jahren ein MIC-Fahrzeug. Allerdings steht dieses nur tagsüber zur Verfügung. Die meisten Einsätze sind in der Landeshauptstadt Stuttgart bislang nach 16 Uhr und in den Nachtstunden.

Kosten und Finanzierung des Medical Intervention Cars in Stuttgart

1,3 Millionen Euro kostet der Wagen in Stuttgart samt Personal für drei Jahre - finanziert durch die Björn Steiger Stiftung in Winnenden. Die untersucht das Projekt auch wissenschaftlich, wie deren Geschäftsführer Joachim von Beesten erklärt: "Wie ändert sich die Versorgungsqualität in der Stadt oder auf dem Land? Welche Erkenntnisse kann man daraus ziehen? Was bedeutet das für den Patienten? Wie ist die Prognose für den Patienten, nicht erst in der Klinik die spezifische Versorgung stattfinden zu lassen?"

Jeder Einsatz wird ausgewertet. Durchschnittlich ein- bis zweimal am Tag rückt das Notfall-Team in Stuttgart aus. Mit der Auslastung in den ersten Monaten sei man sehr zufrieden, betont der Geschäftsführer.

Oberarzt und Projektleiter Christoph Wihler hofft, dass das Fahrzeug nach dem Ende der Projektzeit weiter finanziert werden kann. Inzwischen wird das Ärzte-Team auch in die umliegenden Landkreise wie Böblingen oder Ludwigsburg gerufen, wenn es um Leben und Tod geht. "Das Optimale wäre natürlich, dass wir es hinbekommen, dass das flächendeckend eingeführt wird, damit alle Patienten davon profitieren können. Nicht nur die Ballungsräume", so Wihler.

Seit dem 2. Dezember 2024 ist das MIC, das Medical-Intervention-Car, am Klinikum Stuttgart im Einsatz. Zum ersten Einsatz kam es schneller als gedacht:

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