
Baden-Württemberg Was BW-Politiker im Kabinett Merz ausrichten können
Die CDU BW besetzt wichtige Ministerposten in Berlin. Die Landes-SPD muss sich mit Staatssekretären begnügen. Was bedeuten die Personalien für BW?
Baden-Württemberg wird in Sachen Ministerposten in der nächsten Bundesregierung besser vertreten sein als in der Ampel. Das liegt vor allem an der CDU BW, die mit Thorsten Frei als Kanzleramtsminister und Nina Warken als Gesundheitsministerin zwei wichtige Posten besetzt.
Bei der SPD wurde Parteichefin Saskia Esken als Ministerin gehandelt, sie ging jedoch leer aus. Stattdessen stellt die SPD BW nun drei parlamentarische Staatssekretäre und -sekretärinnen. Bei der CDU kommt noch der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt hinzu, der einem Staatssekretär gleichkommt. Zum Vergleich: In der Ampel gab es mit Cem Özdemir einen Minister (für Landwirtschaft) und sieben Staatssekretäre von SPD, Grünen und FDP.
Was wird aus Saskia Esken?
Ob es der SPD BW genützt hätte, wenn Esken - wie spekuliert wurde - Entwicklungsministerin geworden wäre, sei dahingestellt. Die 63-Jährige war 2019 ohne größere Unterstützung aus ihrem Landesverband in die Parteispitze aufgerückt. Zuletzt hatte sich Landesgeneralsekretär Sascha Binder dagegen ausgesprochen, dass Esken aus dem Wahlkreis Calw Ministerin wird. Sie soll aber bis zuletzt um einen Posten im Kabinett gekämpft haben. Doch am Ende entschied sich der neue mächtige Mann der SPD, Lars Klingbeil, gegen sie.
Nun fragen sich auch viele Sozialdemokraten in Baden-Württemberg, wie es mit Saskia Esken weitergeht. Zwischendurch hieß es mal, sie könnte Vorsitzende der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung werden. Doch Stiftungschef Martin Schulz wurde erst vor kurzem wiedergewählt. Auch wird bezweifelt, dass Esken Parteivorsitzende bleiben wird. Denn: Der designierte Vizekanzler und Finanzminister Klingbeil wird wohl selbst Parteichef bleiben wollen, um sich die Machtbasis zu sichern. Dass aber das Duo Klingbeil/Esken die Partei nach dem miserablen Ergebnis bei der Bundestagswahl weiterführt, gilt als eher unwahrscheinlich. Würde Esken wieder antreten, wäre sie wohl die Zielscheibe für Unmut.
SPD tröstet sich: Drei Staatssekretäre sind mehr als einer
Somit hat es also wieder nicht für einen Ministerposten für die baden-württembergische SPD gereicht, wie schon in der Ampel. Immerhin kann die Landespartei drei Staatssekretärs-Posten für sich verbuchen, unter Kanzler Olaf Scholz gab es nur einen: Rita Schwarzelühr-Sutter aus dem Wahlkreis Waldshut war parlamentarische Staatssekretärin im Innenressort von Nancy Faeser. Die 62-Jährige geht nun zurück ins Umweltministerium, wo sie zwischen 2013 bis 2021 schon einmal Staatssekretärin war.
Größeren Einfluss dürfte aber Katja Mast (54) aus dem Wahlkreis Pforzheim haben. Die bisherige Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion wird Parlamentarische Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit und Soziales mit Ressortchefin Bärbel Bas. Nils Schmid (51) aus dem Wahlkreis Nürtingen geht ins Verteidigungsministerium zu Boris Pistorius. Da könnte er sich an der einen oder anderen Stelle mit Gunther Krichbaum (61) absprechen, der für die CDU als Staatsminister für Europa ins Außenministerium geht.
SPD RP überrundet SPD BW - und hat fast zeitgleich Landtagswahl
Wenn man vergleicht, welche Posten die SPD Rheinland-Pfalz geholt hat, dürften die BW-Genossen vor Neid erblassen: Vize-Fraktionschefin Verena Hubertz wird Bauministerin, die bisherige rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig wird Bundesjustizministerin. Allerdings stellt die SPD in Rheinland-Pfalz auch den Ministerpräsidenten, während die SPD in Baden-Württemberg zuletzt gerade mal auf elf Prozent kam. In beiden Ländern sind im März 2026 Landtagswahlen.
CDU BW hat direkten Zugang zu Merz
Für die Wahlen sieht sich die CDU Baden-Württemberg in Berlin gut aufgestellt: Thorsten Frei (51) aus Donaueschingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) soll Friedrich Merz ins Kanzleramt folgen und dort die Regierungsgeschäfte koordinieren. Als Kanzleramtsminister dürfte Frei weiterhin versuchen, Merz den Rücken freizuhalten - so wie er es als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion schon gemacht hat. Seine neue Aufgabe ist eher im Hintergrund: Als Chef des Kanzleramts soll er für eine reibungslose Regierungsarbeit sorgen und - wenn möglich - geräuschlos Konflikte mit dem Koalitionspartner SPD abräumen.
Für die CDU BW dürfte es ein großer Vorteil sein, einen direkten Zugang in die Regierungszentrale von Merz zu haben. Zum Beispiel dürfte es Freis Aufgabe sein, dafür zu sorgen, dass es vor der Landtagswahl am 8. März 2026 in BW keine Störmanöver aus Berlin gibt. Denn auch der designierte CDU-Spitzenkandidat für Baden-Württemberg, Manuel Hagel, weiß, dass es ohne Rückenwind aus dem Bund deutlich schwerer werden dürfte, die Grünen und die AfD zu distanzieren. Ein Wermutstropfen für die CDU BW: Frei, der zuletzt als Merz-Erklärer viel in Talkshows auftrat, wird als Kanzleramtschef wohl weniger in der Öffentlichkeit stehen.
Was kann Nina Warken für die Kliniken im Land herausholen?
Vor der designierten Gesundheitsministerin Nina Warken (45) aus Tauberbischofsheim stehen große Aufgaben. Sie muss zum Beispiel die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung stabilisieren, die derzeit aus dem Ruder laufen. Interessant war deshalb, was Warken - bisher Generalsekretärin der CDU BW - kurz nach ihrer Nominierung sagte: "Es ist mir auch ein besonderes Anliegen, mich für die Menschen in der Heimat einzusetzen." Das schürt Erwartungen.
In Baden-Württemberg hofft man darauf, dass sie die Krankenhausreform ihres Vorgängers Karl Lauterbach (SPD) zugunsten des Landes noch einmal nachjustiert. Warken soll dafür sorgen, dass das Land wieder stärker selbst über die Krankenhausplanung entscheiden kann.
Darüber hinaus besteht die Erwartung, dass die neue Ministerin den Weg mit freimacht für die Fusion der Unikliniken Mannheim und Heidelberg. Zwar hatte das Bundeskartellamt den Verbund verboten, doch die Krankenhausreform macht die Fusion wohl doch noch möglich. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Zusammenschlüsse von Krankenhäusern bis 2030 von einer kartellamtlichen Fusionskontrolle grundsätzlich ausgenommen sind.
Sendung am Mo., 5.5.2025 10:00 Uhr, SWR4 am Vormittag, SWR4