
Bayern Ganztagsbetreuung: Hausaufgaben für bayerische Ministerinnen
Mit einem Kraftakt soll in Bayern ab 2026 der Anspruch auf Ganztagsbetreuung erfüllt werden. Die Kinderkommission des Landtags mahnt, beim Ausbau auch die Qualität der Betreuung im Blick zu haben. Für die Staatsregierung gibt's dafür "Empfehlungen".
Die Grundschüler wissen, wo Handlungsbedarf besteht bei der Ganztagsbetreuung: "Mehr Personal" für Projekte, verlangt ein Mädchen. Ein anderes wünscht sich kostenlose Ausflüge ins Schwimmbad oder Theater, damit alle teilnehmen können - unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Weitere Kinder hätten gern einen Bewegungsraum. Mit Blick auf den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, der ab 2026 schrittweise in Kraft tritt, hat die Kinderkommission des Bayerischen Landtag stichprobenartig Wünsche von Kindern zusammengetragen.
"Es geht so oft um die Bedarfe der Eltern, es geht um die Nöte der Kommunen", erläutert SPD-Sozialexpertin Doris Rauscher. "Wir haben hier versucht, die Kinder zu Wort kommen zu lassen." Die Vorsitzende der Kinderkommission, Melanie Huml (CSU), betont, bei der Ganztagsbetreuung gehe es nicht nur darum, dass Kinder "zeitlich quasi aufgehoben" sind. "Sondern es ist auch ein Lebensraum für die Kinder." Daher hat die Kommission "Empfehlungen"(externer Link) erarbeitet.
Kinderkommission: Qualität sichern
Die Abgeordneten stellen ihr Papier im Landtag der Öffentlichkeit vor und überreichen die "Empfehlungen" dann der bayerischen Familienministerin Ulrike Scharf (CSU), in deren Zuständigkeit Horte und Mittagsbetreuung fallen. Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler), die für Ganztagsangebote an Schulen verantwortlich ist, kann an dem Termin nicht teilnehmen.
Ein zentrales Anliegen der Kommission ist die Sicherung der Qualität der Ganztagsbetreuung: Bei Planung und Umsetzung müsse verstärkt die Perspektive der Kinder berücksichtigt werden. Wichtig sei insbesondere Rückzugsräume zu schaffen, die eine klare Trennung zwischen schulischem Lernen und Freizeit ermöglichen. Auch solle der pädagogische Betreuungsschlüssel überprüft werden.
Kinder stärker einbeziehen
Damit kein Kind aus ökonomischen Gründen vom Besuch einer Einrichtung ausgeschlossen wird, müsse die finanzielle Ausstattung der Ganztagsbetreuung nachhaltig gesichert werden, verlangt die Kommission. Darüber hinaus sollten Kinder stärker in Entscheidungen, die sie betreffen, einbezogen werden. Die Abgeordneten empfehlen regelmäßige Kinderbefragungen auf kommunaler und Landesebene.
Bei Bau und Sanierung von Ganztagsangeboten müsse die Perspektive von Kindern eine wesentliche Rolle spielen. Wichtig sei zudem, die Verpflegung in den Einrichtungen zu verbessern. Auch empfiehlt die Kommission, die Zusammenarbeit der Ganztagsbetreuung mit "örtlichen Vereinen (Sport, Musik, Schützen, Trachten)" auszubauen.
Ministerin: Ausbau des Ganztags ein Kraftakt
Sozial- und Familienministerin Scharf zeigt sich offen für die Empfehlungen. Sie könne vieles "sehr gut nachvollziehen und werde es auch mit einfließen lassen" in weitere Planungen, verspricht sie. Die Empfehlungen seien ein "wichtiger Wegweiser, um gerade auch die Wünsche der Kinder" stärker zu sehen.
Insgesamt sei Bayern bei der Ganztagsbetreuung "gute Schritte vorangekommen". Mehr als 60 Prozent der Grundschulkinder seien bereits jetzt in einer Nachmittagsbetreuung - also in einem Hort, einem schulischen Angebot oder einer Mittagsbetreuung. Laut einer Studie im Auftrag des Sozialministeriums müssen zur Erfüllung des Ganztagsanspruchs bis 2029 bis zu 130.000 zusätzliche Plätze geschaffen werden. Scharf spricht von einer "großen gemeinsamen Kraftanstrengung".
Gleichzeitig sieht die Ministerin auch eine "große Chance" im Ausbau der Ganztagsbetreuung: für die Bildung von Kindern, für die Integration von Buben und Mädchen mit Migrationshintergrund, aber auch, um Müttern längere Arbeitszeiten zu ermöglichen.
Huml: Meinung von Kindern ernst nehmen
Rauscher betont, Bayern habe gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen noch den größten Ausbaubedarf im bundesweiten Vergleich. Dabei müsse es über die reine Betreuung hinaus stets auch um "adäquate Bildungsmöglichkeiten für diese Altersgruppe" gehen, fordert die SPD-Politikerin. Für die Mittagsbetreuung gebe es momentan noch keine Qualitätsstandards wie für die anderen Betreuungsangebote.
CSU-Politikerin Huml - früher selbst Ministerin in Bayern - setzt darauf, dass die schwarz-orange Staatsregierung die parteiübergreifenden Empfehlungen Wirklichkeit werden lässt: Wichtig sei, Kindern nicht nur zuzuhören. "Sondern dass sie auch wirklich mitbekommen, es gibt ein Ergebnis, ihre Meinung wird ernst genommen und wird in diesen politischen Entscheidungsprozess mit aufgenommen."
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Quelle: BR24 im BR Fernsehen 21.05.2025 - 18:30 Uhr