
Hessen Klimaschutz: Wie Kleingärten in Städten zur Abkühlung beitragen
Gärtnern, feiern, chillen: Tausende Hessen haben einen Kleingarten. Gerade an heißen Sommertagen verwandeln sich die Parzellen mit Bäumen und Büschen zu einer natürlichen Kühlanlage. Ein Wissenschaftler fordert, dass die Parzellen nicht zugunsten von Neubauten weichen dürfen.
Salah Maala füllt seine Plastikgießkanne mit Wasser aus der olivgrünen Regentonne. Er hat Erdbeeren in Blumenkästen angepflanzt, die rasch gegossen werden müssen.
Sein Garten im Kleingartenverein Eckenheim in Frankfurt ist für den Rentner ein zweites Zuhause geworden. Er und seine Familie sowie seine Enkelkinder und Freunde seien froh, dass sie den Garten haben, so Maala. Gerade wenn es warm sei, könnten sie aus ihren Wohnungen raus in den Garten.
"Man grillt, man sitzt, man feiert, man arbeitet daran, sodass der Garten auch in Schuss bleibt", sagt Maala, der seit dem Ruhestand mehr Zeit zum Gärtnern hat. Der aktuelle Nebenjob des Rentners ist Fernfahrer.
In Maalas Garten stehen Bäume und Büsche, er hat auch ein kleines Gewächshaus. Auch auf anderen Parzellen spendet dichtes Grün Schatten und hält den Boden feucht. Die Verdunstung sorgt für eine angenehme Abkühlung.
Rund 34.000 Kleingärten in Hessen
Wie viel Potenzial für den Klimaschutz in Kleingärten steckt, weiß auch Professor Fritz Reusswig vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
"Da städtische Räume sich aufgrund ihrer Baustruktur und ihrer Versiegelung stärker aufheizen im Sommer, tragen Kleingärten und andere Grünflächen zur Abkühlung bei", erklärt er. Sie verschatten, verdunsten und nehmen Wasser auf.
In Hessen gibt es rund 34.000 Kleingärten. Diese nehmen allerdings gerade einmal 0,11 Prozent der Landesfläche ein, wie Reusswig sagt. "Wir können mit den Ertüchtigungen der Kleingärten allein natürlich die Klimaanpassungen nicht erreichen. Da muss noch viel mehr dazu kommen."
Kleingärten tragen zur Abkühlung bei
Dennoch hat das Gärtnern im städtischen Raum positive Auswirkungen. Reusswig und sein Team haben die Kühlleistung von Kleingärten gemessen. "Wir haben zwischen 2 bis 3 Grad kühlere Temperaturen in diesen Kleingärten und sie wirken 200 bis 300 Meter in der Umgebung", sagt er. Meist lägen die Schrebergärten recht wohnungsnah.
Die Grünflächen beförderten den Luftaustausch, weil sie im Boden CO2 speicherten. Zudem seien Kleingärten für die biologische Vielfalt in Städten wichtig.
Richtig düngen, Kompost herstellen
Im Frankfurter Kleingartenverein Eckenheim ist Klimaschutz längst ein Thema. Viele meinen, Gärtnern sei per se gut fürs Klima. Doch nicht alle Kleingärten nutzen ihr Klimapotenzial aus. Häufig fehlt es an Schatten, stattdessen dominieren die Rasenflächen. Gerade im Hochsommer ist das ein Problem, weil das Wasser schneller verdunstet.
Der Kleingärtner-Kreisverband Starkenburg mit Sitz in Darmstadt berät seine Vereine, wie sich Gärten klimaangepasst gestalten lassen. "Wir bieten Fachberatung für die angeschlossenen Vereine an", sagt Vorstandsmitglied Stefan Beckmann.
"Wir nehmen Bodenproben und gucken, dass richtig gedüngt und nicht überdüngt wird." Der Verband berate seine Mitglieder zum Beispiel auch, wie man Kompost herstellt, so Beckmann.
Pächterin: Es ist eine Herzensangelegenheit
Elisabeth Schirra, die in Darmstadt einen Kleingarten gepachtet hat, musste nicht davon überzeugt werden, ihre Parzelle klimafreundlicher zu gestalten und zu bewirtschaften. Für sie ist das eine Herzensangelegenheit.
"Beim Gießen kann man darauf achten, dass die Pflanzen nicht jeden Tag Wasser kriegen. Dann gewöhnen sie sich daran", so Schirra. Wenn man zum Beispiel Tomaten ein paar Tage nicht gieße, zögen die Wurzeln tiefer ein und holten sich ihr Wasser in tieferen Erdschichten.
Kleingärten konkurrieren mit Neubauten und Straßen
Wenn Kleingärten klimafreundlich gestaltet werden, werden sie im urbanen Raum zu einem wichtigen Baustein für mehr Klimaschutz. Gerade in wachsenden Großstädten stehen Kleingärten unter zunehmendem Druck. Dort konkurrieren sie mit dem Neubau von Wohnungen und Straßen.
Um den Bestand von Kleingärten zu erhalten, hat die Stadt Frankfurt bereits ein sogenanntes Kleingartenentwicklungskonzept erarbeitet. "Wir haben jetzt auch festgeschrieben, dass natürlich Kleingartenflächen, die wegfallen, an anderen Stellen wieder ausgeglichen werden müssen", sagt Klimadezernentin Tina Zapf-Rodríguez (Grüne).
In Frankfurt nehmen die Kleingärten rund 2,3 Prozent der Stadtfläche ein. Nach Angaben der Stadt gibt es 107 Kleingartenvereine, 14.537 Parzellen und zwei Dachverbände.
Experte: "Green New Deal" mit Kleingärten schließen
Auch Fritz Reusswig vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung spricht von einer Drucksituation für die Städte. "Wenn wir ein Drittel mehr Bäume in die Städte bringen, kriegen wir etwa auch ein Drittel weniger Hitzetote", sagt er. Dazu gebe es eine neue Studie.
Reusswig stellt sich einen "Green New Deal" zusammen mit den Kleingärten-Verbänden vor. Im Gegenzug könnten die Städte den Verbänden eine Sicherheit und Bestandsgarantie für die nächsten 10 bis 20 Jahre geben. Das könne man aushandeln.