
Sachsen-Anhalt 269 gemeldete Diskriminierungen: Rassismus und Antisemitismus bleiben zentrale Probleme
In Magdeburg stellen die Antidiskriminierungsstellen ihren Jahresbericht für das zurückliegende Jahr vor. Ereignisse wie der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt und der Gaza-Krieg führten dazu, dass Menschen in Sachsen-Anhalt vermehrt diskriminiert wurden. Rassismus und Antisemitismus bleiben große gesellschaftliche Probleme.
In Sachsen-Anhalt haben sich im vergangenen Jahr 269 Menschen an Beratungsstellen gewendet, weil sie diskriminiert wurden. Das geht aus dem am Montag veröffentlichten Jahresbericht 2024 der Antidiskriminierungs-Beratungsstellen hervor. Im Jahr 2023 hatten sich demnach noch 236 Personen an die Beratungsstellen gewendet. "Diskriminierung im Alltag ist kein Einzelphänomen", sagte die Sozial-Staatssekretärin und Integrationsbeauftragte des Landes, Susi Möbbeck (SPD).
Diskriminierung im Alltag ist kein Einzelphänomen. Susi Möbbeck | Integrationsbeauftragte in Sachsen-Anhalt
Sie betonte, dass die Statistik nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Fälle von Diskriminierung darstelle. Im Jahresbericht würden nur Beratungen und Anfragen für solche abgebildet, die bei vier Beratungsstellen eingegangen sind. Dabei handelt es sich um "Entknoten", die Antidiskriminierungsberatung Anhalt, den Verein OFEK sowie die Antidiskriminierungsstelle Sachsen-Anhalt.
Auswirkungen des Anschlags in Magdeburg
Der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt am 20. Dezember 2024 hat das Land erschüttert. Er führte im unmittelbaren Anschluss auch zu einer Reihe rassistischer Übergriffe: Das macht sich schon im Jahresbericht für 2024 bemerkbar, der nur die Diskriminierungen bis zum 31. Dezember erfasst. Die Zahl der Vorfälle gegen Menschen mit Migrationsgeschichte sei "drastisch gestiegen", schreibt die Beratungsstelle "Entknoten". Insgesamt habe sie im gesamten Jahr 60 Beratungsfälle aufgenommen.
Krieg im Nahen Osten führt zu mehr Antisemitismus
Ein weiterer großer Themenkomplex in dem 15-seitigen Bericht ist der Antisemitismus. Eine zentrale Ursache dabei: der Israel-Gaza-Krieg. Seit die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfallen, dabei etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 200 als Geiseln verschleppt hat, herrscht Krieg. Auf den schlimmsten Pogrom an Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust reagiert Israel seitdem mit Militärschlägen im Gazastreifen. Das Vorgehen Israels ist umstritten.
Auch Jüdinnen und Juden in Sachsen-Anhalt sorgen sich vermehrt um ihre Sicherheit. Man verzeichne "einen enormen Anstieg antisemitischer Vorfälle" im Land, schreibt der Verein OFEK, eine auf Antisemitismus spezialisierte Beratungsstelle. Ersuchten 2022 noch elf Personen Beratungen, waren es 2023 insgesamt 67. Im vergangenen Jahr sank die Zahl auf 35 Beratungsanfragen, lag damit aber weiterhin deutlich über dem Wert von vor Kriegsbeginn.
Weitere Fälle: Behinderung und Geschlecht
Die Antidiskriminierungsstelle Sachsen-Anhalt nennt nach Rassismus, der die Statistik wie schon im Vorjahr dominiert, Behinderung als häufigsten Grund für Diskriminierung. Insgesamt 30 Fälle erfasste die Stelle im vergangenen Jahr. Dazu kamen weitere 30 Fälle, die sich nicht nur einer Kategorie zuordnen ließen, weil Menschen beispielsweise wegen ihrer Behinderung und ihres Geschlechts benachteiligt wurden. Weitere elf Fälle ließen sich konkret auf das Geschlecht oder die Geschlechtsidentität der Betroffenen zurückführen.
Dass in der Gesamtbetrachtung besonders in den Städten Magdeburg, Halle (Saale) und Dessau-Roßlau zu mehr Diskriminierungen beraten wurde, führen die Autoren des Jahresberichts darauf zurück, "dass bisher vor allem im ländlichen Raum keine flächendeckenden Angebote existieren". Die Zahlen seien daher nicht in Gänze repräsentativ.
MDR (Engin Haupt)