
Thüringen Repowering einer Windkraftanlage - wie geht das?
Weniger Windräder und trotzdem deutlich mehr Leistung? Das Zauberwort dafür heißt: "Repowering". Es bedeutet, dass Windräder an einem Standort abgebaut und durch neue, in aller Regel größere und leistungsstärkere Modelle ersetzt werden. Im Windpark zwischen Coppanz, Bucha und Göttern führt das dazu, dass dort drei Windräder weniger stehen - die erwartete Stromernte aber deutlich steigt. Zugleich profitieren Gemeinden durch ein Gesetz aus dem Jahr 2024. Wir klären die wichtigsten Fragen.
Wie ist höhere Leistung bei einem Windrad möglich?
Windräder, deren Generator in 160 statt in 80 Metern Höhe befestigt ist, greifen Wind aus einer höheren Schicht ab. So erklärt es Stephan Segbers, Vorstandsmitglied der RheinEnergie AG aus Köln, die zusammen mit der Denker & Wulf AG die drei neuen Windräder bei Bucha betreibt. "Laminare Strömung" nennt er das. Die sei weniger von bodennahen Verwirbelungen betroffen und biete auch in der Regel höhere Windgeschwindigkeiten.
Deshalb erwartet das Unternehmen mit den drei neuen Turbinen mit einer Maximalleistung von 5,7 Megawatt einen Sprung bei der Leistung des Windparks. Statt 12 Millionen Kilowattstunden sollen es künftig 39 Millionen Kilowattstunden pro Jahr sein. "Zudem steigern wird die Grundlastfähigkeit", sagt Segbers. Die alten Windräder hätten 1.500 Betriebsstunden geschafft, aber weil in größerer Höhe der Wind konstanter wehe, erwarte man 2.500 Betriebsstunden pro Jahr.
Was ist rein technisch anders an den Windrädern?
Auf den ersten Blick ist die Rechnung in Bucha ganz einfach: Drei Windräder weniger, dafür sind die drei neuen deutlich größer. Allerdings drehen die sich langsamer, mit maximal zwölf Umdrehungen pro Minute. Das bedinge "ein harmonischeres Landschaftsbild", so RheinEnergie-Vorstand Segbers. Zudem seien die Signallampen an den neuen Windrädern anders gesteuert. "Die leuchten tatsächlich nur dann, wenn etwa ein Flugzeug in der Nähe ist, das diese Markierungen braucht."
Was passiert mit den alten Windrädern?
Die müssen in der Regel komplett zurückgebaut werden, das sehen die Ausschreibungen so vor. Das heißt, das Windrad wird komplett entfernt, inklusive Zuleitungen und Fundament. Danach kann die freie Fläche wieder anderweitig genutzt werden. Zum Beispiel für die Landwirtschaft, wie in Bucha. Darüber freut sich unter anderem die Stellvertreterin des Bürgermeisters, Sandra Hillesheim: "Weniger Anlagen und mehr Ausbeute. Und dadurch weniger Einschnitte in die Landschaft."

Der Windpark bei Bucha hatte bisher sechs kleine Windräder. Seit dem Repowering stehen hier drei höhere Windräder, die mehr als dreimal so effizient sind.
Recycelbar sind bisher nur Teile der Windräder. Der Beton aus den Fundamenten ist wiederverwertbar, ebenso der Stahl aus dem Turm und die Materialien aus den Generatoren. Schwierig ist es bisher noch bei den Rotorblättern aus Verbundwerkstoffen. Hier gibt es aber an einer Reihe von Forschungseinrichtungen Projekte, um auch dieses Problem zu lösen.
Was haben Gemeinden von neu gebauten Windrädern?
Die inzwischen abgewählte rot-rot-grüne Landesregierung hat im Sommer 2024 das Windbeteiligungsgesetz auf den Weg gebracht. Nach dem müssen Windradbetreiber pro gewonnener Kilowattstunde 0,2 Cent an die anliegende Gemeinde zahlen.
Jeder Euro, den wir bekommen, der hilft uns. Wir haben Schwierigkeiten wie andere Gemeinden auch. Und mit so einem kleinen Zubrot können wir auch freiwillige Leistungen in Angriff nehmen, die sonst nicht möglich wären. Sandra Hillesheim | stellv. Bürgermeisterin Bucha
"Das stört uns gar nicht", sagt Stephan Segbers von der RheinEnergie AG. "Es ist ja eine Belastung für die Kommune, wenn hier gebaut wird. Lkw, Dreck, Staus. Man kann solche Projekte nur verwirklichen, wenn alle was davon haben", sagt er. Nun bekomme die Gemeinde eben einen kleinen Teil der Wertschöpfung ab.
Das sieht die Vize-Bürgermeisterin ähnlich. "Jeder Euro, den wir bekommen, der hilft uns. Wir haben Schwierigkeiten wie andere Gemeinden auch. Und mit so einem kleinen Zubrot können wir auch freiwillige Leistungen in Angriff nehmen, die sonst nicht möglich wären." Gemeint sind damit zum Beispiel Vereinsförderung oder die Feuerwehr. Die hatte zur Einweihung der drei neuen Windräder auch gleich noch einen neuen Ausrüstungsanhänger dabei, den der Windparkbetreiber außer der Reihe mit 2.500 Euro gefördert hat.

Sandra Hillesheim ist stellvertretende Bürgermeisterin von Bucha. Sie sagt, das Repowering sei auch für die Gemeinde ein Gewinn.
Das ist übrigens auch in anderen Gemeinden so, wie etwa in der Gemeinde Wundersleben. Dort weiß Bürgermeister Thomas Frey zu berichten, dass durch die Windbeteiligung etwa 40.000 Euro pro Jahr zusätzlich in den Haushalt der Gemeinde fließen - weil nach Inkrafttreten des Gesetzes zwei neu gebaute Windräder zwei alte ersetzt haben. Das helfe auch ein Stück weit, Steuerausfälle zu kompensieren. Denn der Neubau von Anlagen bedinge auch erstmal weniger Gewerbesteuer aus dem Windpark.
Zudem würden in der Gemeinde durch die Reform der Grundsteuer Einnahmen wegbrechen. "Und die Windkraftfirmen engagieren sich im Ort", berichtet er - oft unbürokratisch. Einwohner, die bei der Einweihung in Bucha vor Ort waren, sehen die Windräder positiv - breit angelegte Proteste wie andernorts gibt es hier nicht. "Wir reden einfach viel miteinander", sagt Hillesheim. Es gebe eine hohe Transparenz seitens des Windpark-Betreibers. Das mache einen Unterschied.
Können leistungsfähigere Windräder einfach so angeschlossen werden?
In aller Regel müssen die Anschlüsse bei deutlich höherer Leistungsfähigkeit verstärkt werden. In Bucha etwa, berichtet RheinEnergie-Vorstand Segbers, sei das Umspannwerk erweitert worden. Solche Arbeiten sind Teil des Netzausbaus und werden zunächst von den Netzbetreibern wie der Thüringer Energienetze (TEN) bezahlt - aber dann auf die Netzentgelte umgelegt. Auf diese Weise wird der günstige Preis für den Windstrom, der laut Fraunhofer-Gesellschaft zwischen 4 und 9 Cent pro Kilowattstunde bei Windrädern an Land liegt, verteuert.
Hinweis der Redaktion: Die Kolleginnen und Kollegen von MDR WISSEN haben zwei ausführliche Faktenchecks zur Windkraft (hier und hier) veröffentlicht, die kommentiert werden können, und diskutieren selber mit. Wir geben diesen Artikel daher nicht zum Kommentieren frei und laden die werte Leserschaft ein, "drüben" zu kommentieren.
MDR (flog/ask)