Mitarbeiter in einem Betrieb mit Industrieroboter.

Regierung plant neues Gesetz Immer weniger Beschäftigte arbeiten nach Tarif

Stand: 30.05.2025 13:12 Uhr

Nur noch 41 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeiten in einem Betrieb mit Branchentarifvertrag. Besonders stark ist der Rückgang in der Privatwirtschaft - und in Ostdeutschland. Die Bundesregierung will nun gegensteuern.

Immer weniger Beschäftigte in Deutschland profitieren von einem Branchentarifvertrag. Laut einer aktuellen Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeiteten im Jahr 2024 nur noch 41 Prozent aller Beschäftigten in einem Betrieb mit einem solchen Tarifvertrag. Im Jahr zuvor waren es noch 42 Prozent.

Weitere acht Prozent sind in Betrieben mit einem sogenannten Haustarifvertrag angestellt, wie das IAB mitteilte. Der Rückgang ist Teil eines langfristigen Trends: 1996 galt für gut zwei Drittel der Beschäftigten ein Branchentarifvertrag - ein Minus von 26 Prozentpunkten innerhalb von knapp 30 Jahren.

Privatwirtschaft verliert besonders stark

"Die sinkende Tarifbindung ist weitestgehend auf den Rückgang der Branchentarifbindung in der Privatwirtschaft zurückzuführen, denn im öffentlichen Sektor blieb diese weitgehend stabil", erklärte IAB-Forscherin Susanne Kohaut.

Außerdem zeigt die Erhebung deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland: In Westdeutschland waren 2024 noch 43 Prozent der Beschäftigten in branchentarifgebundenen Betrieben tätig, in Ostdeutschland nur 31 Prozent.

Am höchsten ist die Tarifbindung laut Statistischem Bundesamt in Bremen (56 Prozent), im Saarland (54 Prozent) und in Nordrhein-Westfalen (51 Prozent). Deutlich niedriger liegt sie dagegen in Sachsen (42 Prozent), Berlin (44 Prozent) und Thüringen (45 Prozent).

Wie stark Tarifverträge verbreitet sind, hängt auch von der Branche ab. In der öffentlichen Verwaltung liegt die Tarifbindung laut Statistischem Bundesamt bei 100 Prozent, gefolgt von Energieversorgung (84 Prozent) und dem Bildungsbereich (80 Prozent). Deutlich schlechter sieht es etwa in der Land- und Forstwirtschaft (elf Prozent), im Gastgewerbe (23 Prozent) oder im Kunst- und Unterhaltungssektor (20 Prozent) aus.

Neuer Anlauf für Tariftreuegesetz

Die Bundesregierung will die Tarifbindung wieder stärken. Geplant ist unter anderem ein Bundestariftreuegesetz. Damit sollen Bundesaufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, die nach Tarif bezahlen. Ein neuer Gesetzentwurf dazu liegt bisher nicht vor.

Bereits die Vorgängerregierung hatte ein entsprechendes Gesetz angekündigt. Der damalige Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) scheiterte mit seinem Vorstoß aber an Widerstand aus der FDP, der Entwurf kam nie ins Kabinett.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. Mai 2025 um 06:47 Uhr.