Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 2 und der Übernahmestation der Ferngasleitung Eugal.

Gaspipeline-Betreiber aus Russland Nord Stream 2 AG wendet Konkurs vorerst ab

Stand: 09.05.2025 15:57 Uhr

Der Betreiber der defekten russischen Gaspipeline Nord Stream 2 kann weiter nach einem neuen Investor suchen. Und Interesse gibt es in den USA - während der Kreml ein Interesse daran hat, die Lieferungen nach Europa wieder hochzufahren.

Der Pipeline-Betreiber Nord Stream 2 AG kann die Suche nach einem neuen Investor vorerst fortsetzen. Ein Gericht im Schweizer Kanton Zug hat den Nachlassvertrag genehmigt, der die Sanierung durch einen Schuldenschnitt möglich macht. Andernfalls wäre nach Schweizer Recht der Konkurs verhängt worden - was einem deutschen Insolvenzverfahren entspricht.

Nord Stream 2 gehört dem russischen Staatskonzern Gazprom und hat seinen Sitz im Kanton Zug. Großgläubiger wie die westeuropäischen Energiekonzerne Engie, OMV, Shell, Uniper und Wintershall einigten sich am 30. April auf einen Nachlassvertrag, wie das Gericht mitteilte. Weil dagegen noch Beschwerde eingelegt werden könne, erteile es keine weiteren Auskünfte.

Die Großgläubiger dürften erhebliche Abschläge auf ihre Investitionen in Kauf genommen haben. Sie hatten Milliardenbeträge investiert. Der Bau der Pipeline kostete knapp zehn Milliarden Euro. Um den Nachlassvertrag wurde zweieinhalb Jahre gerungen.

Kleingläubiger entschädigt

Die Forderungen der Kleingläubiger, darunter zahlreiche Baufirmen in Mecklenburg-Vorpommern, sollten gemäß Weisung des Gerichts von Januar voll entschädigt werden. Zumindest einige haben zuletzt bestätigt, dass ihre Rechnungen beglichen wurden.

Die Pipeline Nord Stream 2 sollte Erdgas aus Russland durch zwei 1.200 Kilometer lange Stränge in der Ostsee nach Deutschland bringen. Sie wurde zwar fertig gebaut, ging aber nie in Betrieb. Kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 stoppte die deutsche Regierung das Projekt. Einer der Röhrenstränge wurde bei einem Anschlag im September 2022 zerstört, ebenso wie die Stränge der bereits in Betrieb genommenen Nord-Stream-1-Pipeline.

US-Interesse an Pipeline

In Medien wurde zuletzt über einen möglichen Einstieg von US-Investoren spekuliert. Als möglicher Käufer gilt etwa der wohlhabende US-Geschäftsmann und Unterstützer von US-Präsident Donald Trump, Stephen P. Lynch. Dem "Wall Street Journal" sagte er, der Kauf sei eine einmalige Gelegenheit, die Energieversorgung Europas unter amerikanische und europäische Kontrolle zu bringen.

Die Idee ist offensichtlich, russisches Gas durch eine dann amerikanische Pipeline nach Europa zu pumpen. Lynch ist seit 20 Jahren in Osteuropa und Russland tätig. Allerdings machen alleine die Schäden an der Pipeline eine Inbetriebnahme derzeit unmöglich. Außerdem müsste die neue Bundesregierung diese billigen, denn die Leitung müsste behördlich zertifiziert werden. Die schwarz-rote Koalition unter Kanzler Friedrich Merz hat sich dazu noch nicht klar dazu positioniert.

Deutschland kauft kein russisches Gas mehr

Schon Jahre vor der Invasion Russlands in der Ukraine hatten US-Politiker scharfe Kritik an dem Bau geübt. Sie warfen Deutschland vor, von russischen Gaslieferungen immer abhängiger zu werden. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hatte Gazprom die Lieferungen nach Deutschland zunächst gedrosselt und schließlich ganz gestoppt. Deutschland suchte sich neue Lieferanten und bezieht heute kein Pipeline-Gas mehr aus Russland.

Michael Kellner, der energiepolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, äußerte Kritik angesichts der aktuellen Entwicklung: "Die Sache stinkt. Kaum ist der Grüne Habeck weg, werden Hürden für die Nutzung von Nord Stream 2 aus den Weg geräumt", sagte Kellner dem Handelsblatt. Kellner war bis zum Regierungswechsel Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium unter Minister Robert Habeck.

EU-Kommission will Komplett-Ausstieg

Beobachtern zufolge versucht Russland mit Hilfe von US-Vertretern, die Gaslieferungen nach Europa wieder hochzufahren. Dies ist offensichtlich auch Teil der Gespräche zwischen dem Kreml und den Vereinigten Staaten über den Krieg in der Ukraine. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte im März im staatlichen Fernsehen gesagt: "Über Nord Stream wird gesprochen."

Für Gazprom hat die Abkehr vor allem Deutschlands vom russischen Gas Milliardeneinbußen zur Folge. Die Europäische Union insgesamt deckte zuletzt allerdings immer noch 19 Prozent ihres Bedarfs mit Lieferungen aus Russland. Die EU-Kommission will auch diesen Rest bis 2027 komplett streichen.

Keine Zukunft als Gaspipeline?

"Ich würde nicht ausschließen, dass US-Investoren die Pipeline für den Transport von russischem Gas kaufen und US-Präsident Donald Trump dann Druck ausübt, dass die Europäer das auch nutzen", sagte der Gasmarkt-Analyst Heiko Lohmann der Nachrichtenagentur dpa. "Es gibt ja bisher keine Sanktionen gegen russisches Gas.

Lohmann ist skeptisch, was die Weiterverwendung der Pipeline angeht. "Gaswirtschaftlich gesehen sehe ich keine Zukunft für die Nord Stream 2, als Erdgaspipeline", sagte Lohmann. "Wenn es überhaupt einen fairen Frieden zwischen Russland und der Ukraine gibt, mit vermittelt von der EU, dann könnten russische Gaslieferungen Teil der Zukunft sein. Aber da würde man die Pipelines durch die Ukraine und Polen nutzen. Die benötigten Mengen wären dann so, dass man die Nord Stream 2 gar nicht braucht."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 09. Mai 2025 um 08:41 Uhr.