Inschrift "New York Stock Exchange" am Gebäude der New Yorker Börse
marktbericht

Zollhoffnungen und kein Ende Wall Street bleibt auf Klettertour

Stand: 16.05.2025 22:15 Uhr

Mit weiteren Gewinnen haben die Wall Street-Indizes eine bemerkenswerte Börsenwoche beendet. Zollhoffnungen bleiben weiter die Haupttriebfeder der Aufwärtsbewegung. Auch der DAX profitierte davon.

Den Anlegern an der Wall Street bot sich heute ein ähnliches Bild wie gestern. Nach zögerlichem Start kam vor allem in der zweiten Sitzungshälfte noch Kauflaune auf, so dass alle großen Indizes letztlich im Plus schlossen.

Der Dow-Jones, der Leitindex der Standardwerte, gewann am Ende 0,78 Prozent auf 42.654 Zähler, der breiter gefasste S&P 500 rückte um 0,7 Prozent auf 5.958 Punkte vor. Der Index der Technologiebörse Nasdaq legte um 0,52 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 um 0,43 Prozent zu. Alle Börsenbarometer notierten damit im Wochenvergleich deutlich höher. So gewann der Dow Jones 3,4 Prozent, die Nasdaq 100 sogar 6,8 Prozent.

Eine Einigung im Zollstreit zwischen den USA und China hatte die Börsen gleich am Montag beflügelt und die Basis gelegt für die erfreuliche Entwicklung. Anfang April, als US-Präsident Donald Trump seine drastischen Zollerhöhungen verkündet hatte, waren Börsen rund um den Globus noch eingebrochen.

Es habe inzwischen den Anschein, "dass Trump von der Idee eines umfassenderen Handelskriegs Abstand genommen hat", sagte Mark Dowding von RBC BlueBay Asset Management.

"Die Kombination aus dem Handelsabkommen mit Großbritannien und dem Schritt zurück von den überzogenen China-Zöllen ebnet ganz klar den Weg für mehrere bilaterale Abkommen - und genau das ist derzeit der wichtigste Kurstreiber", resümierte Art Hogan vom Vermögensverwalter B Riley Wealth.

Für Zurückhaltung sorgten heute allerdings enttäuschend aufgenommene Konjunkturdaten. Vor allem der Index des Verbrauchervertrauens der Universität Michigan stach hervor. Denn vor dem Hintergrund der US-Zollpolitik hat sich die Stimmung der US-Verbraucher im Mai überraschend weiter eingetrübt. Das von der Universität erhobene Konsumklima fiel zum Vormonat um 1,4 Punkte auf 50,8 Punkte, wie die Universität heute nach einer ersten Schätzung mitteilte.

Es ist der fünfte Rückgang in Folge. Damit wurde der niedrigste Stand seit dem Rekordtief im Juni 2022 erreicht. Volkswirte hatten mit einem Anstieg auf 53,4 Punkten gerechnet. Sowohl die Beurteilung der aktuellen Lage als auch die Erwartungen der Verbraucher gaben nach. Die Ungewissheit über die Handelspolitik beherrsche weiterhin das Denken der Verbraucher über die Wirtschaft, sagte Joanne Hsu, Leiterin der Umfrage. Vor allem die Inflationserwartungen der Verbraucher stiegen auf kurze Sicht deutlich an.

Inmitten des von Trump angezettelten Handelskonflikts sind die Importpreise in den Vereinigten Staaten leicht gestiegen. Sie zogen im April um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat an, wie das Arbeitsministerium mitteilte. Befragte Ökonomen hatten hingegen ein Minus von 0,4 Prozent erwartet.

Trump hatte den 2. April zum "Tag der Befreiung" erklärt und zahlreichen Handelspartnern pauschale Zölle aufgedrückt, die danach aber vielfach wieder ausgesetzt wurden. Dennoch bleiben in vielen Fällen Basiszölle in Kraft. Die von Trump errichteten Zollhürden könnten die Inflation in den USA zumindest vorübergehend antreiben, wie der Vizechef der Federal Reserve, Philip Jefferson, jüngst warnte.

Daten vom Immobilienmarkt fielen gemischt aus. Die Zahl der neu begonnenen Wohnungen wuchs zwar, im Gegenzug sank aber die Zahl der Baugenehmigungen, die frühe Signale für das künftige Baugeschehen liefern, um 4,7 Prozent auf annualisiert 1,412 Millionen.

Erschwert werden Immobiliengeschäfte durch die hohen Zinsen. Auch wegen der von US-Präsident Donald Trumps Zollpolitik ausgehenden Inflationsrisiken hat die Notenbank Fed ihren Leitzins im Bereich von 4,25 bis 4,50 Prozent belassen.

Der DAX gab sich auch zum Wochenschluss keine Blöße und bleibt nahe an seinem Rekordhoch bei 23.912 Punkten, das er am Montag aufgestellt hatte. Im Tageshoch war der deutsche Leitindex schon bis auf 23.887 Punkte gelaufen, eine neue Bestmarke wurde damit aber knapp verfehlt. Der deutsche Leitindex ging letztlich bei 23.767 Punkten um 0,3 Prozent moderat höher aus dem Handel und erreichte damit einen Wochengewinn von rund 1,0 Prozent.

Allen Unkenrufen zum Trotz ist eine gerade von technischen Analysten immer wieder ins Spiel gebrachte Korrektur weiterhin nicht in Sicht. Schwächephasen wie gestern am Morgen im Tief bei 23.338 Punkten werden derzeit fast umgehend zu Zukäufen genutzt. Der Index nimmt nun mit 24.000 Zählern die nächste Tausendermarke ins Visier. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte ist im Aufwind und gewann heute ebenfalls moderat um 0,21 Prozent.

Hintergrund der scheinbar nicht enden wollenden Kursrally sind auch hierzulande Hoffnungen auf eine Einigung im Zollstreit zwischen den USA und China, aber auch mit Europa.

Zudem haben sich die neuen US-Zölle noch nicht in allen Bilanzen der Unternehmen niedergeschlagen, was dem Markt größere Ergebnisenttäuschungen in der gerade abgelaufenen Berichtssaison für das erste Quartal erspart hat. An Mahnungen aus den Chefetagen beiderseits des Atlantiks fehlte es aber nicht, so dass der Ausgang des von US-Präsident Donald Trump angezettelten Handelsstreits offen bleibt.

Update Wirtschaft vom 16.05.2025

Samir Ibrahim, HR, Update Wirtschaft, 16.05.2025 09:00 Uhr

Im Fokus der heimischen Anleger stand heute die VW-Hauptversammlung, auf der sich die Aktionäre erneut unzufrieden mit der Führung des Wolfsburger Autobauers zeigten. Besonders die Doppelrolle von Konzernchef Oliver Blume als VW-Konzernchef und Chef des Sportwagenbauers Porsche, aber auch die fehlende Unabhängigkeit des Aufsichtsrats im verschachtelten Konzern wurde bemängelt.

"Volkswagen hat mit Herrn Blume nur einen Teilzeit-CEO, dem die Probleme über den Kopf wachsen", sagte Janne Werning von der Fondsgesellschaft Union Investment. Auch eine mangelnde Unabhängigkeit des Aufsichtsrats wurde bemängelt. Aufsichtsratsvorsitzender Hans Dieter Pötsch könne als Großaktionärsvertreter nicht als unabhängig angesehen werden, sagte Werning. "Es verfestigt sich der Eindruck, dass bei Volkswagen Macht statt Markt dominiert", sagte Henrik Schmidt von der Fondsgesellschaft DWS.

Kritik am Aufsichtsrat bei Volkswagen ist nicht neu und wird seit Jahren regelmäßig bei den Hauptversammlungen laut. In der Vergangenheit hatte VW-Großaktionär und Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Porsche den Vorwurf zurückgewiesen, dass der starke Einfluss der Familien den Aktienkurs zurückhält.

Volkswagen befindet sich mehrheitlich im Besitz der ebenfalls im DAX enthaltenen Porsche SE, die den Gründerfamilien Piech und Porsche gehört. Ein Fünftel der VW-Aktien liegt beim Land Niedersachsen, der drittgrößte Eigentümer ist mit 17 Prozent der Golfstaat Katar. Nur ein kleiner Teil der Stammaktien wird frei gehandelt, im DAX sind die stimmrechtslosen Vorzüge enthalten.

Der Kurs des Euro hat heute nachgegeben. Die Gemeinschaftswährung notierte im New Yorker Geschäft zuletzt bei 1,1151 Dollar knapp 0,3 Prozent leichter. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs auf 1,1194 (Donnerstag: 1,1185) Dollar festgesetzt

Am Markt wurde auf die von der Universität Michigan erhobenen Inflationserwartungen der Verbraucher verweisen. Diese sind im Mai auf kurze Sicht deutlich angestiegen, was es der US-Notenbank erschweren könnte, die Leitzinsen schnell zu senken. Entsprechend war die US-Währung am Markt gefragt.

Ansonsten steht auch der Devisenmarkt ganz im Zeichen der Zoll-Spekulationen. Die Unsicherheit über deren Auswirkungen auf die Preisstabilität ist ein Hauptgrund für die Notenbank Federal Reserve (Fed), dass sie die Zinsen auf dem derzeit hohen Niveau belässt.

Aktien des Rüstungskonzerns Rheinmetall rückten um 2,4 Prozent vor und standen damit an der DAX-Spitze. Das Papier bleibt in Anbetracht der unsicheren Aussichten im russisch-ukrainischen Friedensprozess sowie der Aufrüstung der europäischen NATO-Staaten weiter gefragt.

Zu Wochenschluss wurden derweil viele Werte aus der DAX-Familie nach deren gestrigen Hauptversammlungen ex Dividende gehandelt, sodass es bei ihnen optische Abschläge gab. Aus dem DAX betraf dies zum Beispiel E.ON, Heidelberg Materials, Adidas und die Commerzbank.

Der geplante Erwerb von mehr 1&1-Anteilen durch den Mutterkonzern United Internet beflügelte beide Aktien. Die Aktien von 1&1 sprangen in der Spitze um fast 23 Prozent nach oben, zuletzt waren es noch rund 19 Prozent. Derweil drehten United-Titel trotz ihres üppigen Dividendenabschlags auch deutlich in die Gewinnzone. United will den Anteil 1&1 von knapp 81 auf bis zu 90 Prozent erhöhen und bietet 18,50 Euro je Aktie.

Der Panzergetriebe-Hersteller Renk bleibt auf den Einkaufszetteln der Anleger weiter ganz oben. Die Aktien stiegen in der Spitze bis auf 62,00 Euro - und markierten damit ein frisches Rekordhoch. Das Plus seit Jahresbeginn summiert sich auf mehr als 200 Prozent. Die Analysten von JP Morgan stuften die Aktien auf "Overweight" von "Neutral" hoch und verdoppelten das Kursziel auf 70 Euro.

Der Chip-Entwickler Nvidia plant wegen der US-Ausfuhrbeschränkungen für seine Produkte laut einem Bericht der Financial Times ein Forschungs- und Entwicklungszentrum in China. Das Zentrum solle "die spezifischen Anforderungen chinesischer Kunden und die komplexen technischen Anforderungen erforschen, die erforderlich sind, um Washingtons Beschränkungen zu erfüllen".

Trump verstärkt den Druck auf Apple-Chef Tim Cook, mehr Geräte in den USA statt in Indien zu bauen. "Ich hatte ein kleines Problem mit Tim Cook gestern", erklärte der US-Präsident. Obwohl Cook Investitionen von 500 Milliarden Dollar in den USA angekündigt habe, lasse er Geräte "in ganz Indien" produzieren. Trump wolle nicht, dass Apple in Indien baue - außer für den dortigen Markt.