
Wohngebäudeversicherung Wie das eigene Haus abgesichert werden sollte
Nicht nur die Ahrtal-Katastrophe hat gezeigt, dass eine passende Versicherung für Hausbesitzer entscheidend sein kann. Welche Bausteine dabei wirklich wichtig sind.
Über 9.000 Häuser sind durch die Überschwemmungen im Ahrtal 2021 zerstört worden. Rund 17.000 Menschen haben ihr gesamtes Hab und Gut wegen der extremen Regenfälle verloren. Prognos-Schätzungen zufolge lag der Schaden bei über 40 Milliarden Euro.
Davon wurden aber nur knapp neun Milliarden Euro von Versicherungen übernommen - der Rest unter anderem von Bund und Ländern und damit von den Steuerzahlern. Denn: Viele Hausbesitzer waren einfach nicht ausreichend gegen Naturkatastrophen abgesichert.
Standardmäßig nur drei Leistungen enthalten
Eine gesetzliche Pflicht, eine Wohngebäudeversicherung abzuschließen, gibt es in Deutschland nicht. Selbst die Feuerversicherung, die bis 1994 für Hausbesitzer vorgeschrieben war, ist kein Muss mehr. Für viele Menschen ist das Eigenheim aber die größte finanzielle Anschaffung im Leben. Daher habe so gut wie jeder Immobilienbesitzer eine Versicherung für sein Haus oder seine Wohnung abgeschlossen, berichtet Henriette Neubert vom Geldratgeber Finanztip im Podcast "Gold & Asche: Projekt Versicherung" der ARD-Finanzredaktion. "Oft wird das einfach von der Bank vorgeschrieben, um den Kredit zu bekommen. Ich glaube, da liegt der Anteil bei weit über 90 Prozent, fast 100."
Eine Wohngebäudeversicherung zahlt für Schäden am Gebäude und an festem Inventar. Dazu gehören die Heizung, die Einbauküche oder der Fußboden. In der Regel übernimmt die Versicherung auch Hotelkosten für maximal 100 Tage, wenn man wegen des Schadens nicht zu Hause schlafen kann.
Standardmäßig deckt sie drei Bausteine ab: Schäden durch Feuer, durch Leitungswasser - zum Beispiel durch einen Rohrbruch - sowie durch Sturm und Hagel. Innerhalb der Bausteine gibt es dann noch verschiedene Zusatzleistungen: zum Beispiel Blitzschlag, Kurzschlüsse, Explosion oder Schäden durch Ruß. Außerdem können Schäden durch Vandalismus oder Schäden an Photovoltaikanlagen mitversichert werden. Dann wird es kleinteilig.
Verbraucherinnen und Verbraucher sollten überlegen, was sie benötigen und sich im Zweifel beraten lassen. Sinnvoll ist aber, dass der Versicherer auch "grobe Fahrlässigkeit" einbezieht. Das bedeutet, dass er auch zahlt, wenn man zum Beispiel selbst einen Brand verursacht - durch einen Kurzschluss oder weil man eine Kerze brennen lässt. Nicht versicherbar sind dagegen Schäden durch Krieg oder Kernenergie, vorsätzlich entstandene Schäden und Erdsenkungen durch Bergbau oder Sturmflut.

Den Podcast "Gold & Asche: Projekt Versicherung" gibt es ab dem 9. April 2025 wöchentlich in der ARD-Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt.
Folge 1: Sozialversicherungen - Grundlagen und Grenzen (9. April)
Folge 2: Gesetzliche vs. private Krankenversicherung (9. April)
Folge 3: Haftpflicht, Kfz & Haustier - Was ist Pflicht, was ist sinnvoll? (16. April)
Folge 4: Die Berufsunfähigkeitsversicherung und ihre Alternativen (23. April)
Folge 5: Die Familie richtig absichern (30. April)
Folge 6: Wohnen & Wetterrisiken - Schutz für das eigene Zuhause (7. Mai)
Folge 7: Gesundheitskosten absichern - von Zahnzusatz bis Krankentagegeld (14. Mai)
Folge 8: Gut abgesichert streiten und reisen (21. Mai)
Bonusfolge: Hinter den Kulissen - wie Versicherungen ticken (offen)
Unterversicherung vermeiden
Wichtig ist auch eine passende Versicherungssumme für das Haus. Das könne in Zahlen aber eigentlich nicht ausgedrückt werden, erklärt Neubert. "Man kann eine Festsumme vereinbaren, das wird aber selten gemacht. Üblich ist der sogenannte gleitende Neuwert nach 1914." Ähnlich sei das auch beim Quadratmeter-Modell, bei dem abhängig von der Größe automatisch eine Versicherungssumme berechnet wird. "Es geht darum, dass man das Haus immer so versichern sollte, dass man im Schadensfall das Haus von dem Geld wieder aufbauen kann", so die Expertin.
In den vergangenen 20 Jahren habe sich der Wert von Häusern verdoppelt, so Neubert. Wer etwa vor 20 Jahren ein Haus für 150.000 Euro abgesichert hat, das jetzt 300.000 wert ist, dann würde der Versicherte bei einem Feuer bei einer vereinbarten Festsumme nur die Hälfte bekommen. Ein Haus sollte daher im besten Fall nach dem aktuellen Bauwert versichert sein. Während der Vertragslaufzeit sind die Versicherten verpflichtet, dem Versicherer Veränderungen am Gebäude mitzuteilen. Denn das kann den Wert des Hauses ebenfalls erhöhen - gleichzeitig aber auch das Schadensrisiko.
Die Wohngebäudeversicherung gehört zu den teuren Versicherungen - vor allem in hochwassergefährdeten Gebieten. Im Zuge der höheren Inflation in den vergangenen Jahren sind die Preise noch einmal stark gestiegen. Vor vier Jahren hat eine Versicherung für ein Haus mit 180 Quadratmeter je nach Region 250 bis 600 Euro im Jahr gekostet. Inzwischen liegen Neuverträge im Schnitt bei circa 500 Euro. Dabei gibt es je nach Größe, Baujahr, Lage und Leistungen jedoch extreme Preisunterscheide.
Elementarschadenabsicherung entscheidend - aber teuer
Noch teurer macht die Versicherung die Elementarschadenabsicherung, bei der es immer wieder Debatten über eine Verpflichtung gibt. Fachleute bezeichnen sie aber mittlerweile als absolutes Muss beim Abschluss einer Wohngebäudeversicherung. Ohne diesen Zusatzbaustein sind Hausbesitzer nicht gegen Schäden durch Naturgefahren wie Erdbeben, Lawinen oder Hochwasser versichert - sie hätten also im Ahrtal nichts von ihrer Versicherung bekommen. Der Naturgefahrenreport des Gesamtverbands der Versicherer (GDV) zeigt, dass die Wetterextreme in Deutschland durch den Klimawandel nochmal drastisch zunehmen werden.
Abhängig von Adresse und Versicherung erhöhen sich die Beiträge laut einer Abfrage von Finanztip zwischen acht und 580 Prozent. In hochwassergefährdeten Gebieten bekommt man nicht einmal von jedem Versicherer ein Angebot, oder es ist oft sehr teuer. "Wir haben hier zum Beispiel ein Haus in Unterhaching mit einer niedrigen Gefahr von Hochwasser und Starkregen. Das Haus hat auch nur 120 Quadratmeter. Das kriegt man für knapp 300 Euro im Jahr versichert. Das finde ich vollkommen in Ordnung. Dann gibt es aber auch Häuser, die kosten weit über 1.000 Euro", sagt Neubert.
Mit einem gleitenden Neuwert kann auch der laufende Vertrag noch einmal teurer werden. Denn damit die Versicherungssumme immer dem realen Bauwert entspricht, müssen die Versicherungen die Beiträge an den Baupreis anpassen. So sind die Beiträge für Wohngebäudeversicherungen nach GDV-Angaben zu Beginn 2023 wegen der Inflation und den hohen Schäden in den vergangenen Jahren um satte 15 Prozent, und zum Jahresbeginn 2024 nochmal um 7,5 Prozent gestiegen. In diesem Jahr war es wegen der gesunkenen Preissteigerung zwar weniger als drei Prozent, aber mittelfristig rechnen Experten mit weiter steigenden Beiträgen.
Selbstbeteiligung macht Vertrag günstiger
Die Versicherer können die Beiträge jährlich um einen sogenannten Anpassungsfaktor erhöhen, der sich an den Baupreisen orientiert. In dem Fall haben Versicherte kein Sonderkündigungsrecht. Wenn der Beitrag aber über die Baupreisanpassung steigt und gleichzeitig keine Leistungen verbessert werden, kann der Vertrag außer der Reihe gekündigt werden. Ansonsten können die Verträge von Wohngebäudeversicherungen in den meisten Fällen jedes Jahr oder alle drei Jahre fristgerecht gekündigt werden.
Um die passende Versicherung zu finden, sollten sich Verbraucherinnen und Verbraucher Zeit lassen beim Vergleichen, mehrere Vergleichsportale nutzen und auch direkt bei Anbietern schauen. Es sollte auf jeden Fall darauf geachtet werden, dass alle wichtigen Leistungen enthalten sind. Neben den erwähnten Aspekten sollten Aufräumkosten oder Mehrkosten durch behördliche Auflagen übernommen werden wie auch die Folgen von Überspannungsschäden nach einem Blitzeinschlag und Einbrüchen. Finanztip hat eine Liste mit Mindestkriterien aufgestellt.
Wer die Selbstbeteiligung erhöhe, könne eventuell ein wenig sparen, ergänzt Neubert. "Ich würde sagen, dass bei der Selbstbeteiligung 2.000 Euro OK sind. Weil: Wir reden ja tatsächlich von dem Problem, dass das Haus komplett zerstört wird." Im Endeffekt geht es bei der Wohngebäudeversicherung also vor allem um den Totalschaden, der abgesichert sein soll. Daher sollten sich Versicherte gut überlegen, ob sie mehrere kleine Schäden melden. Denn so könnte die nächste Versicherung deutlich teurer werden - Stichwort Vorschäden. Und nach einem Schadensfall kann sowohl der Kunde als auch die Versicherung den Vertrag außerordentlich kündigen.
Oft Streit zwischen Versicherten und Versicherung
Im Schadensfall müssen zunächst selbst Maßnahmen ergriffen werden, um weitere Schäden abzuwenden. Das ist Pflicht und steht so auch in den Verträgen. Zum Beispiel müssen Versicherte, wenn ein Sturm das Dach beschädigt, das Loch mit einer Plane abdecken. In Gefahr bringen müssen sie nicht aber nicht. Danach muss der Schaden direkt beim Versicherer gemeldet werden. Am besten sollten alle Details mit Fotos dokumentiert werden, denn üblicherweise erteilt die Versicherung erst einmal eine Freigabe für erste Reparaturen und fordert gleichzeitig weitere Unterlagen. Erst später entscheidet sie dann von Fall zu Fall, ob sie den Schaden komplett übernimmt. Diese Prüfung führt immer wieder zu Streitigkeiten.
Von einem weiteren Problem, bei dem Verbraucherinnen und Verbraucher immer mal wieder Hilfe suchen, berichtet Meike Voß vom Bund der Versicherten, die Menschen im Bereich Versicherungen berät: das Alter von Gebäuden und damit verbundene Leitungswasserschäden. "Die Versicherer reagieren darauf immer empfindlicher. Nach dem zweiten oder dritten Schaden gibt es einen sogenannten Sanierungsauftrag, oder der Versicherte wird angeschrieben und direkt gekündigt." Bei einer Kündigung sei es sehr schwierig, eine neue Versicherung zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis für das Haus zu finden.
Fachleute empfehlen deshalb, sich vielleicht auch grundsätzlich zu überlegen, wie man sein Haus besser schützen kann und vielleicht schon selbst Maßnahmen zu ergreifen - vor allem in Risikogebieten. Das kann auch helfen, einen besseren oder günstigeren Versicherungsschutz zu bekommen, wenn das Angebot eingeschränkt ist oder die Preise sehr hoch sind. Das können zum Beispiel spezielle Fenster im Keller sein, die Wasser besser abhalten oder Fliesen im kompletten Erdgeschoss. Und: keine Elektrogeräte im Keller oder Erdgeschoss lagern.