Sergej Lawrow (Archivbild)

Krieg gegen die Ukraine Kreml schlägt neue Verhandlungen am Montag vor

Stand: 29.05.2025 08:14 Uhr

Die russische Regierung will am Montag weiter über eine Waffenruhe in der Ukraine verhandeln - Kiew erwartet allerdings zuvor ein Papier mit den Bedingungen. Deutschland will das angegriffene Land derweil stärker unterstützen.

Im Ringen um ein Ende des Ukraine-Kriegs schlägt Russland der Regierung in Kiew eine weitere direkte Gesprächsrunde über eine Waffenruhe am kommenden Montag vor. Die Verhandlungen sollten wieder in Istanbul stattfinden, sagte Außenminister Sergej Lawrow nach Angaben der Staatsagentur Tass. Die Delegation solle erneut vom Präsidentenberater Wladimir Medinski geleitet werden.  

Die russische Delegation sei bereit, dort dem ukrainischen Team ein Memorandum vorzustellen, erklärte Lawrow demnach. Das Papier lege die russische Position zu "allen Aspekten einer zuverlässigen Überwindung der Grundursachen der Krise" dar.

Lawrow dankte den "türkischen Partnern" und betonte, er hoffe, dass "alle, die aufrichtig am Erfolg des Friedensprozesses interessiert sind", die zweite Verhandlungsrunde unterstützten. Das russische Außenministerium erklärte, Lawrow habe auch seinen US-Kollegen Marco Rubio über "die Vorbereitungen der russischen Seite für konkrete Vorschläge für die nächste Runde" informiert, hieß es weiter. 

Ukraine: Russland soll Vorschläge sofort vorlegen

Die Ukraine pochte umgehend darauf, das russische Memorandum sofort zu bekommen. "Die russische Seite hat noch mindestens vier Tage Zeit, um uns ihr Dokument zur Prüfung vorzulegen, bevor sie nach Istanbul reist", erklärte der ukrainische Verhandlungsführer und Verteidigungsminister Rustem Umerow am Mittwochabend im Onlinedienst X. 

Andrij Sybiha, Außenminister des vor mehr als drei Jahren von Russland angegriffenen Landes, schrieb bei X, man erwarte, dass die russische Seite das nächste Treffen nicht scheitern lasse und unverzüglich ihre Vorschläge vorlege, so wie zuvor vereinbart.

Der ukrainische Verteidigungsminister Umjerow teilte mit, er habe dem russischen Chefverhandler schon ein Dokument mit der ukrainischen Position übergeben. "Wir sind nicht gegen weitere Treffen mit den Russen und warten auf ihr 'Memorandum', damit das Treffen nicht ins Leere läuft und uns der Beendigung des Krieges wirklich näher bringt", schrieb er bei X. Umjerow warf Moskau weitere Verzögerungen vor und wiederholte die ukrainische Bereitschaft zu einer vollständigen und bedingungslosen Waffenruhe.

Selenskyj: "Gerechter Frieden wahrscheinlich erst nach Putin"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte mehr internationalen Druck auf Russland für ein Ende des Angriffskriegs. Er sehe bei Kremlchef Wladimir Putin noch keine Bereitschaft dazu, sagte Selenskyj bei "RTL Direkt". "Wir haben nicht genug Druck." Führende Mächte setzten sich nicht genug ein. "Die USA sind dabei, aber nicht zu 100 Prozent. Andere Staaten wie China oder andere Staaten des Globalen Südens halten sich zurück." 

Putin klebe an seinem Sessel, sagte der Präsident. "Wir werden einen gerechten Frieden haben, aber wahrscheinlich erst nach Putin." Eine Zwischenlösung sei aber sofort möglich: "Der Frieden aber, der zuerst mit einer Waffenruhe beginnt und dann mit weiteren Schritten für dauerhaften Frieden, der kann morgen beginnen."

Deutschland hilft Ukraine bei Raketenbau

Deutschland sagte der Ukraine unterdessen Unterstützung bei der Produktion weitreichender Raketen zu. Bundeskanzler Friedrich Merz sagte nach einem Treffen mit Selenskyj in Berlin, die Bundesregierung wolle "weitreichende Waffen ermöglichen. Wir wollen auch gemeinsame Produktion ermöglichen". Eine konkrete Vereinbarung über die Rüstungskooperation trafen die Verteidigungsminister beider Länder, Boris Pistorius und Rustem Umjerow, während des Besuchs. 

Die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine wird mit der deutschen Produktionshilfe für ukrainische Waffen unwahrscheinlicher - vom Tisch ist sie aber nicht.

Im ZDF-"heute journal" schloss Merz die Lieferung nicht aus. "Natürlich ist das im Bereich des Möglichen", antwortete er auf eine entsprechende Frage. Er verwies zugleich darauf, dass dies eine mehrmonatige Ausbildung von Soldaten in der Ukraine erfordern würde. Wenn man das System in einem halben oder einem Jahr liefern würde, nütze es der Ukraine heute nichts, betonte Merz. Deshalb verbessere man die militärische Unterstützung des Landes heute. 

In den tagesthemen sagte Merz dazu, die Ukraine werde "Woche zu Woche besser dastehen, auch in ihrer Fähigkeit, sich selbst zu verteidigen".

Vorwürfe aus Russland

Der russische Außenminister Lawrow sagte, Deutschland lasse sich mit der Finanzierung der Produktion ukrainischer Raketen geradewegs in diesen Krieg hineinziehen. Der Kreml warf dem Bundeskanzler Kriegstreiberei vor. Merz provoziere mit seinen Äußerungen die Weiterführung des Kriegs, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. 

Der deutsche Außenminister Johann Wadephul wies den Vorwurf scharf zurück. "Wenn es jemanden gibt, der über Kriegstreiberei nicht reden darf, dann ist es Peskow, weil er und sein Regime nicht nur das verbal macht, sondern tatsächlich einen rechtswidrigen, völkerrechtswidrigen Krieg betreibt", sagte der CDU-Politiker nach einem Gespräch mit seinem US-Kollegen Marco Rubio in Washington. 

Außerdem warf er Putin vor, nicht bereit für ein Ende des Angriffskriegs zu sein. Wadephuls US-Amtskollege Rubio appellierte an Moskau, "in gutem Glauben" Verhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen.

Trump zögert bei neuen Sanktionen

Trump zeigte sich derweil mit Blick auf neue Sanktionen gegen Russland zögerlich - setzte Putin aber gleichzeitig ein Ultimatum. "Wir werden herausfinden, ob er uns an der Nase herumführt oder nicht - und wenn er es tut, werden wir ein wenig anders reagieren", sagte Trump bei einem Auftritt vor der Presse im Weißen Haus auf Nachfrage. 

Auf die Frage, was ihn davon abhalte, neue Sanktion gegen Russland zu verhängen, sagte der Republikaner, er glaube, dass er kurz vor einer Einigung stehe und wolle diese nicht gefährden. Trump zeigte sich zudem "sehr enttäuscht" angesichts der massiven russischen Angriffe auf die Ukraine am Wochenende, bei denen es mindestens 13 Todesopfer gegeben hatte. Inmitten der Verhandlungen seien Menschen getötet worden, kritisierte er.

Selenskyj hatte zuvor wegen Moskaus Verweigerung einer Waffenruhe weitere Sanktionen der US-Regierung gegen Russland gefordert. "Trump hat zugesagt, dass Sanktionen erhoben werden, falls Russland nicht aufhört", erklärte er.

Kiew fürchtet Großangriff im Nordosten

Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als drei Jahren mit westlicher Hilfe gegen eine russische Invasion. Bei den ersten russisch-ukrainischen Verhandlungen seit 2022 in Istanbul Mitte Mai blieb ein großer Gefangenenaustausch das einzige Ergebnis. Kiew hatte einem US-Vorschlag zu einer 30-tägigen Waffenruhe zugestimmt. Moskau war dazu bislang nicht bereit und startete am vergangenen Wochenende zudem die wohl stärksten Drohnenangriffe seit Kriegsbeginn.

Anzeichen für ein Abrücken von Maximalforderungen sind auf russischer Seite nicht zu erkennen. Selenskyj zufolge zog Russland etwa 50.000 Soldaten für einen möglichen Vorstoß in die Region Sumy im Nordosten der Ukraine zusammen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 29. Mai 2025 um 04:55 Uhr.