
Besuch in Tschechien Dobrindt verteidigt verschärfte Grenzkontrollen
Seit gut drei Wochen sind mehr Polizisten für Grenzkontrollen im Einsatz. Bei seinem Besuch in Prag verteidigt Innenminister Dobrindt die Maßnahme nun. Die Gewerkschaft der Polizei sieht aber die Belastungsgrenze erreicht.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat bei seinem Antrittsbesuch in Tschechien die verschärften deutschen Grenzkontrollen verteidigt. Deutschland habe eine "hohe Magnetwirkung auf die illegale Migration in der Welt", sagte der CSU-Politiker. Diese müsse reduziert werden.
Der 54-Jährige räumte eine zusätzliche Arbeitsbelastung für die Polizei ein, sagte aber, dass die Kontrollen Wirkung zeigten. Zudem gebe es eine Anfrage an den Zoll um Unterstützung. Mit stichprobenartigen Kontrollen auch an kleineren Grenzübergängen gehe man intelligent vor.
Zugleich sprach sich Dobrindt für gesamteuropäische Lösungen aus. Die neue schwarz-rote Bundesregierung werde in Brüssel nicht länger als Bremse auftreten, wenn es darum gehe, gemeinsame Maßnahmen gegen die illegale Migration zu entwickeln, sagte er.
Prag fordert Rückkehr zu Schengen-Grundsätzen
Der tschechische Innenminister Vit Rakusan hingegen forderte eine baldige Rückkehr zu den Schengen-Grundsätzen der Reisefreiheit ohne Binnengrenzkontrollen. Die aktuellen deutschen Maßnahmen nehme man in Prag als "Ausnahmesituation" wahr. Er habe mit Dobrindt eine gemeinsame Evaluation der verschärften Kontrollen einen Monat nach ihrer Einführung - also Anfang Juni - vereinbart.
Nach Darstellung Prags liegt die sogenannte "Transitmigration" durch Tschechien so niedrig wie seit fünf Jahren nicht mehr. Die meisten Zurückweisungen aus Deutschland beträfen ukrainische Staatsbürger, die über einen tschechischen, aber keinen schengenweiten Aufenthaltstitel verfügten. Migranten aus Ländern wie Syrien seien eher die Ausnahme.
Gewerkschaft der Polizei: Belastungsgrenze erreicht
Die Gewerkschaft der Polizei sieht die Einsatzkräfte der Bundespolizei unterdessen an der Belastungsgrenze. Diese sei "nicht nur erreicht, sie ist für viele längst überschritten", sagte der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der "Rheinischen Post".
Demnach gaben in einer Umfrage unter bislang etwa 2.000 Einsatzkräften rund 70 Prozent an, die Grenzkontrollen für nicht länger durchhaltbar zu halten. Knapp 77 Prozent lehnten dafür Einschränkungen bei Urlaub und Dienstbefreiung "strikt" ab. Rund 42 Prozent der Beschäftigten hätten angegeben, aktuell "unter Volllast" zu arbeiten - nur 18,7 Prozent empfanden die Lage als "entspannt".
Roßkopf forderte daher: "Es braucht jetzt ein klares Signal der Unterstützung für die Einsatzkräfte." Dobrindt müsse für mehr Personal, mehr Planbarkeit, mehr Entlastung, bessere Ausstattung und Infrastruktur sorgen. Die verschärften Kontrollen waren vor mehr als drei Wochen eingeführt worden.
Paris interveniert gegen Migrationspläne
Unterdessen wurde bekannt, dass Frankreich die umstrittenen Zurückweisungen an den deutschen Grenzen offenbar nicht unwidersprochen hinnehmen will. Die französische Botschaft wurde laut Diplomaten in Berlin im Innenministerium und im Auswärtigen Amt vorstellig. Sie habe "schriftlich um Einordnung gebeten", berichtet der "Spiegel".
Diplomaten hätten berichtet, dass ihre französischen Kollegen mehrmals mündlich ihren Einspruch vorgetragen und die Bedeutung in Erinnerung gerufen hätten, "die Frankreich einer guten Koordination, einem fließenden Grenzverkehr und der Achtung des europäischen Rechts" beimesse. Mehrere Anrainerstaaten teilten diese Anliegen.
Paris verlangte zudem Auskunft über die Rechtsgrundlage. Wenn Deutschland die Ausnahmeklausel im Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU aktiviere, müsse es "einen rechtlich fundierten Vorschlag" vorlegen, damit die EU die Einhaltung des Vertrags prüfen könne.