
Ausschussvorsitz im Bundestag Warum die AfD erneut leer ausgeht
Knapp drei Monate nach der Wahl kommen die Ausschüsse im Bundestag zu konstituierenden Sitzungen zusammen. Streit gibt es bei der Besetzung der Ausschussvorsitze. Die AfD kommt erneut nicht zum Zug.
Julia Klöckner hat an diesem Morgen viel zu tun. Sie kommt, schüttelt Hände und grüßt freundlich, bevor sie im Saal des Haushaltsausschusses verschwindet. 24 Fachausschüsse im Bundestag konstituieren sich heute. So lange es noch keinen Vorsitzenden gibt, müssen die Bundestagspräsidentin und ihre Stellvertreter die Sitzungen leiten.
Die Wahl des Vorsitzenden - eigentlich eine Formalität. Jedoch nicht, wenn es die AfD ist, die einen Kandidaten aufstellen kann. Eigentlich stehen der AfD die Vorsitzposten von sechs Bundestagsausschüssen zu, darunter der wichtige Haushaltsausschuss.
Klöckner verlässt wortlos den Saal - nach nicht einmal 30 Minuten. Mit versteinerter Miene folgt die AfD-Kandidatin Ulrike Schielke-Ziesing: "Es geht um Kontrolle über viel Geld, wenn das nicht die größte Oppositionspartei machen kann, ist das ein schlimmes Signal!"
Sie wurde nicht gewählt. Auch die anderen Kandidaten fallen durch: Im Innenausschuss Jochen Haug, Gerrit Huy im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Kay Gottschalk im Finanzausschuss, Stefan Möller im Rechtsausschuss und Manfred Schiller im Petitionsausschuss.
Kein Rechtsanspruch auf Vorsitz
In den Ausschüssen findet ein erheblicher Teil der parlamentarischen Arbeit statt. Seit 2017 wird der Vorsitzende jeweils gewählt. Seither fallen die Kandidaten der AfD regelmäßig durch. Udo Di Fabio, ehemals Richter am Bundesverfassungsgericht erklärt gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio, dass die AfD auch als stärkste Opposition keinen Anspruch darauf hat, von den anderen Abgeordneten gewählt zu werden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte noch im September 2024 entschieden, dass grundsätzlich jeder Ausschuss "ein verkleinertes Abbild des Plenums sein und (…) dessen Zusammensetzung widerspiegeln" müsse. "Solange die AfD Mitglied in diesem Ausschuss ist, ist dieser Grundsatz gewahrt", sagt Di Fabio.
Zuletzt hatte die AfD noch Hoffnung, dass sich der Wind in dieser Legislaturperiode zu ihren Gunsten dreht - vor allem, nachdem Jens Spahn dies angedeutet hatte. Doch nachdem der Verfassungsschutz Anfang Mai die Partei insgesamt als "gesichert extremistische Bestrebung" eingestuft hatte, war diese Hoffnung zerschlagen.
Nach einem Eilantrag der AfD hat der Verfassungsschutz eine "Stillhaltezusage" abgegeben, die Einstufung ist ausgesetzt, so lange das Verfahren läuft.
Einstufung hat keinen Einfluss
In der vergangenen Woche war das gesamte Gutachten von mehr als 1.100 Seiten bekannt geworden, das zur Einschätzung des Verfassungsschutzes geführt hatte. Es enthält eine Ansammlung vieler einzelner Äußerungen von zum Teil auch hochrangigen AfD-Vertretern wie etwa von Bundestagsmitglied Maximilian Krah, der eine multikulturelle Gesellschaft als "Müllhalde" bezeichnete.
Oder etwa die Forderung der AfD in Brandenburg, ein Betretungsverbot für Asylantragsteller und weitere schutzberechtigte Ausländer für öffentliche Veranstaltungen zu erlassen. Mit "keine Lust auf Messer-Alis" zitiert das Gutachten die inzwischen aufgelöste Junge Alternative (JA).
"Es handelt sich nicht um ein Parteiverbot-Light"
Dies sei alles in der Gesamtheit und Fülle Anhaltspunkte "für Bestrebungen gegen die Menschenwürde aufgrund eines ethnisch-abstammungsmäßigen Volksbegriffs", schlussfolgert der Verfassungsschutz. Die AfD sei insgesamt minderheitenfeindlich.
Zugezogene würden von vornherein pauschal ausgeschlossen - unabhängig davon, ob sie die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt haben. Die AfD verwendet dafür den Begriff "passdeutsch". Diese ausländerfeindliche Haltung habe sich seit der Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall in der Partei nun durchgesetzt - "ideologisch homogenisiert", wie es in dem Gutachten heißt.
Die - ausgesetzte - Einstufung des Verfassungsschutzes hat ohnehin keinen Einfluss auf die Rechtslage der Partei im Bundestag, erklärt der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier dem ARD-Hauptstadtstudio. "Es handelt sich nicht um ein Parteiverbot-Light", so Papier. "Es ist eine amtsinterne Beurteilung durch den Verfassungsschutz, die keine externe Wirkung hat - nicht für das Parteienrecht, nicht für das Beamtenrecht, nicht für das Arbeitsrecht."