
Koalitionsausschuss Viele Männer, große Ziele
Der Koalitionsausschuss soll die Richtung der neuen Bundesregierung vorgeben. Heute kommt er zum ersten Mal zusammen. Offenbar ist mit Noch-SPD-Co-Chefin Esken nur eine Frau dabei. Das sorgt für Unmut - auch in der Union.
Zu Beginn seiner Amtszeit hat Friedrich Merz ein ausgesprochen ambitioniertes Ziel ausgegeben. Er möchte, dass die Bürgerinnen und Bürger im Sommer spüren, dass sich etwas verändert in Deutschland und dass es voran geht.
Typisch Merz, der Anti-Scholz. Nicht vage, sondern steil. So soll der Stimmungsumschwung herbei regiert werden. Der Koalitionsausschuss wird jetzt dazu die Weichen stellen, festlegen, was bis Sommer auf den Weg und bestenfalls umgesetzt werden soll. Es geht um Prioritäten. Und wer legt die fest?
Acht Männer und eine Frau
Neben Merz, sind das diejenigen, die für die Parteien CDU, CSU und SPD die Entscheidungen treffen, also Menschen von Bedeutung. Acht Männer und eine Frau. Jens Spahn gehört als Unions-Fraktionschef dazu, Carsten Linnemann als CDU-Generalsekretär. Auch Markus Söder kommt für die CSU mit zwei Männern. Frauen aus der Union finden sich zwar im Kabinett, aber nicht in den bedeutenderen Machtpositionen und damit auch nicht im Koalitionsausschuss.
Lars Klingbeil, der SPD-Chef, bringt neben Fraktionschef Matthias Miersch immerhin seine Co-Vorsitzende Saskia Esken mit. Acht zu eins. Empörung gibt es deswegen, nicht nur bei den Frauen, sondern auch bei den Jusos, etwa bei Benedict Lang. "Unsere Erwartung bleibt die gleiche", sagt er, "die Hälfte der Macht den Frauen, das ist unser Anspruch, und der muss realisiert werden."
Bei der Besetzung gilt das Prinzip drei+drei+drei+zwei. Jede Regierungspartei schickt drei Teilnehmende, zusätzlich sind zwei sogenannte Notetaker dabei. Für die CDU nehmen Bundeskanzler Friedrich Merz, Unionsfraktionschef Jens Spahn und Generalsekretär Carsten Linnemann teil. Die CSU schickt Parteichef Markus Söder, Innenminister Alexander Dobrindt und Landesgruppenchef Alexander Hoffmann. Für die SPD nehmen die beiden Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken sowie Fraktionschef Matthias Miersch teil. Als "Notetaker" sind Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) sowie Finanzstaatssekretär Björn Böhning (SPD) dabei.
Gremium soll die Richtung vorgeben
Von diesem Anspruch ist der Koalitionsausschuss weit entfernt. Männer dominieren in dem Gremium, das in dieser Koalition so wichtig werden soll. Einmal im Monat soll es zusammenkommen und die Richtung vorgeben. Es geht um mehr Wirtschaftswachstum, weniger Migration, um das Bürgergeld, das abgeschafft werden soll und nicht zuletzt diesmal: um Signale.
Merz will zeigen, dass seine Koalition nicht "ampelt", dass sie es besser als die Vorgängerregierung und die AfD klein kriegen kann. Und es geht auch um Merz, den Bundeskanzler, der sich das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen noch erarbeiten muss. Bisher ist er hauptsächlich als Außenkanzler aufgetreten. Jetzt geht es darum, zu zeigen, dass er auch in Deutschland etwas bewegen will.
Zusammenhalt stiften - nur wie?
Denn der Stimmungsumschwung im Land wird vermutlich eher mit Politik für die Lausitz, Gelsenkirchen oder Kaiserslautern erreicht als mit Hochglanzbildern in Paris oder Warschau. Zusammenhalt ist auch etwas, was Merz in seiner Regierungserklärung als Ziel formuliert hat. Zusammenhalt stiften zu wollen, vor allem da, wo er verloren gegangen ist.
Zusammenhalt muss der Kanzler aber auch in der Koalition stiften. Der Start wirkte zuweilen etwas holprig, weil die einen Unbedachtes öffentlich aussprachen oder die anderen eigene Duftmarken setzen wollten. Das aber kann Merz nicht gebrauchen - seine Koalition soll schließlich die Anti-Ampelkoalition werden - vor allem ohne öffentlichen Streit.
Söder will eigene Prioritäten durchsetzen
Und in diese Gemengelage stößt nun CSU-Chef Markus Söder, bekannt dafür, einen eigenen Kopf zu haben. Er will seine Prioritäten für Bayern auf die Liste im Koalitionsausschuss setzen. Pendlerpauschale, Gastrosteuer, Mütterrente: alles eine Frage des Geldes.
Immerhin scheint Konsens darin zu bestehen, dass zuerst etwas für ein Wirtschaftswachstum getan werden soll. So will es Friedrich Merz, so sagt es Lars Klingbeil, und so wird es auch Markus Söder wollen. Würden Frauen es anders sehen? Vermutlich nicht. Trotzdem will Nina Warken, die neue Vorsitzende der Frauen-Union, mit Merz reden, prüfen, ob nicht doch noch eine Frau der CDU im Koalitionsausschuss mitreden kann. Und damit hat auch sie ein ausgesprochen ambitioniertes Ziel.